ZENTRUM FÜR AUGUSTINUS-FORSCHUNG

AN DER JULIUS-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT WÜRZBURG

Kirchenvater Augustinus und seine Zeit (Folge 3)
Die kirchliche Lehre

Das Verhältnis zwischen Glaube und Vernunft hat in Augustins Leben eine grundlegende Rolle gespielt. Papst Benedikt XVI. ist darauf in seiner Katechese am 30. Januar eingegangen (Text: www.vatican.va). Im 4. und 5. Jahrhundert wurde die kirchliche Lehre immer tiefer durchdacht. Die theologischen Einsichten und Entwicklungen jener Zeit sind noch heute grundlegend für den christlichen Glauben.

Von Claudia Kock

Augustinus suchte Zeit seines Lebens nach der Wahrheit. Als er sie in Christus gefunden hatte, wollte er sie immer tiefer ergründen und versuchte, sie seinen Mitmenschen zu vermitteln. So entstanden Werke von großer theologischer Tiefe, aber auch Predigten und Briefe, die in einfachen Worten die theologischen Erkenntnisse im täglichen Leben der Menschen fruchtbar machen sollten.

Ebenso wie er waren im 4. und 5. Jahrhundert viele andere große Theologen um die Vertiefung und Verbreitung der christlichen Lehre bemüht: Hilarius von Poitiers, Basilius von Cäsarea, Gregor von Nyssa, Gregor von Nazianz, Cyrill von Jerusalem, Ambrosius, Johannes Chrysostomos, Hieronymus, Athanasius und viele andere. Noch heute sind die Werke der Kirchenväter die Grundlage allen theologischen Denkens.

Augustinus wollte jedoch den Glauben nicht nur „durchdenken“, sondern ihn auch radikal leben. Er führte in Nordafrika ein monastisches Leben in Gemeinschaft mit anderen. Diese Form des Mönchtums breitete sich in der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts immer mehr aus: Männer oder Frauen schlossen sich zusammen zu monastischen Gemeinschaften, die nicht mehr wie die ersten Mönche in der Einsamkeit der Wüste lebten, sondern in einem abgegrenzten Lebensraum innerhalb der Städte, der „Klausur“. Durch die Radikalität ihres ganz am Evangelium ausgerichteten Lebens traten sie gewissermaßen an die Stelle der Märtyrer der Verfolgungszeiten, lebten eine Art „weißes Martyrium“, das zwar nicht das Blutzeugnis erforderte, aber dennoch einen Verzicht auf alles Weltliche bedeutete, ein Sterben für die Welt und radikal neues Leben in Gott. Im monastischen Umfeld entstanden neben großen Werken christlicher Spiritualität Regeln für das Gemeinschaftsleben – wie die Augustinusregel, nach der noch heute viele verschiedene Ordensgemeinschaften auf der ganzen Welt leben.

Die Grundpfeiler des christlichen Lebens waren stets die Bibel und die Liturgie. Neben den Schriften des Alten Testaments enthält die Bibel 27 neutestamentliche Schriften: 4 Evangelien, die Apostelgeschichte, Briefe einzelner Apostel an die Christen sowie die Offenbarung des Johannes. Nur diese Schriften erkennt die Kirche als das inspirierte Wort Gottes an, das in der Liturgie verkündigt wird. Man bezeichnet sie in ihrer Gesamtheit als den „Kanon“ der Heiligen Schrift, und eben dieser Kanon wurde zu Lebzeiten Augustins festgelegt. Er findet sich zum ersten Mal in einem Brief des hl. Athanasius aus dem Jahr 367. Vorher zirkulierten in den Gemeinden noch weitere Evangelien, Briefe und Offenbarungen. Sie gehören zwar zur altchristlichen Literatur, sind aber nicht Wort Gottes und haben keinen liturgische Bedeutung. Hier wird deutlich, wie sehr die Heilige Schrift, die Liturgie und die Überlieferung der Kirche in Wechselbeziehung zueinander stehen. Der katholische Glaube und die Liturgie leben aus dem Wort Gottes, dieses wiederum wird in der Liturgie verkündet und in der Überlieferung der Kirche bewahrt und ausgelegt. Die Heilige Schrift und die Kirche sind eng miteinander verwoben und bilden ein untrennbares Ganzes.

Die Schriften des Alten Testaments waren überwiegend in hebräischer Sprache verfasst, einige von ihnen, ebenso wie das gesamte Neue Testament, in Griechisch. Der hl. Hieronymus, ein Zeitgenosse Augustins, übersetzte die ganze Bibel in die damalige Volkssprache Latein und schuf so die Vulgata, den lateinischen Standardtext der Bibel, der erst 1979, nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, revidiert wurde. Vor der Vulgata kursierten andere lateinische Übersetzungen einzelner Schriften der Bibel, die heute unter dem Namen Vetus Latina zusammengefasst werden und die auch Augustinus noch benutzte. Zu seiner Zeit festigten sich also der lateinische Wortlaut und der Kanon der Heiligen Schrift als Grundlage für Liturgie und Theologie.

Diese entfaltete sich damals sehr stark. War man im 2. und 3. Jahrhundert vor allem bemüht gewesen, das Christentum gegen den jüdischen Glauben und gegen die heidnischen Religionen abzugrenzen, synkretistische Lehren – wie den Manichäismus, dem auch Augustinus in jungen Jahren anhing – abzuwehren und die damals noch junge christliche Lehre gegen die Vorwürfe der Verfolger zu verteidigen, so fand im vierten und fünften Jahrhundert ein innerkirchlicher Stabilisierungsprozess der Lehrinhalte statt, wobei die großen ökumenischen Konzile eine entscheidende Rolle spielten, auf denen die Bischöfe über Glaubensfragen verbindliche Entscheidungen fällten. Den Anfang machte 325 das Konzil von Nizäa. 381, fünf Jahre vor Augustins Bekehrung zum Christentum, formulierte das Konzil von Konstantinopel das große Glaubensbekenntnis, das auch heute noch für alle Christen gültig ist. An der folgenden Entwicklung der Lehre hatte Augustinus als Theologe maßgeblichen Anteil. Sie mündete ein in das Konzil von Ephesos im Jahre 431, zu dem auch Augustinus eingeladen war. Bevor ihn die offizielle Einladung erreichte, verstarb er jedoch in Hippo.

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© Würzburger Katholisches Sonntagsblatt - Nr. 27 vom 6.7.2008, Seite 8

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