ZENTRUM FÜR AUGUSTINUS-FORSCHUNG

AN DER JULIUS-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT WÜRZBURG

Zweiter Vortrag
Die Kirchlichkeit der im Glauben an Christi Person und Werk gründenden Spiritualität Augustins

Liebe Schwestern!

‹Jesus ja, Kirche nein!›, so lautete eines der Schlagworte, die in der Zeit nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil zunächst in linksintellektuellen Kreisen, dann aber auch in breiteren Schichten der christlich-abendländischen Gesellschaft zu hören waren. Publikationen wie Das Elend des Christentums[1], oder Wird die Kirche zum Grab Gottes?[2] oder Christentum auch außerhalb der Kir­che[3] – um nur einige Titel aus den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu nennen – illustrieren unmissverständlich den Trend, der damals seinen Anfang nahm und heute noch anhält. Gleich auf der Titelseite der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom Freitag, dem 21. Februar des Jahres, stand in großen Lettern zu lesen: Vertrauen der Katholiken in ihre Kirche schwindet. Jeder zweite wendet sich ab / Frauen und Alte dominieren unter den Gläubigen / Allensbach-Studie.

Für den zunehmenden Bedeutungsverlust der Kirche in der gegenwärtigen Gesellschaft dürfte es mehrere Gründe geben. Einer davon, der unser Thema ‹Spiritualität› unmittelbar tangiert, ist die Gesellschaft selbst, die sich wandelt und deren Wandel sich nicht zuletzt in ihrer Kultur manifestiert. Dass Religion und Religiosität etwas mit den Kultur zu tun haben, wer möchte das leugnen? Zeigt sich der Wandel der Kultur nicht schon darin, dass wir diese in Epochen einteilen? Wir sprechen z.B. von der Kultur des Barock, des Rokoko und, um auf un­sere Zeiten sprechen zu kommen, von der Moderne und der sogenannten Post­moderne. Die letztere, die Kultur unserer Zeit, zeichnet sich durch Relativierung (Einschränkung) aller Wertmaßstäbe, durch Unbestimmtheit und Beliebigkeit aus[4].

Die kirchliche Gesellschaft kann sich diesem kulturellen Wandel nicht entziehen. Kenner der Szenerie haben die Folgen der Postmoderne für die Kirche be­reits in den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts gesehen und vorausgesagt. ‹Die Volkskirche›, so der Jesuitenpater Karl Rahner, werde wieder von ‹einer Kirche der kleinen Herde› abgelöst werden, in der die Christen ‹Mystiker› sein würden. Freilich darf man unter Mystik vorzüglich nicht außerordentliche Erscheinungen, Visionen und Ekstasen, okkulte und magische Praktiken verstehen, sondern was die Mystik aller Religionen zunächst zum Ausdruck bringt, die Hinwendung des Menschen zu Gott, dem Quell allen Seins.

Die Neuplatoniker pflegten eine solche Mystik. Für die christliche Mystik ist indes die Demut ausschlaggebend, die Demut, die im Wissen gründet: a.) dass der Mensch und mit ihm die Welt sich in einem erlösungsbedürftigen Zustand befindet, und b.) dass das Heil dem Menschen weder in der Welt noch von der Welt, sondern von Gott und in Gott zu teil wird – im Sinne der neutestamentlichen Verkündigung nicht durch eigenes Verdienst, sondern durch die Gnade, die uns Jesus Christus, Gottes eingeborener Sohn, durch seine Menschwerdung, durch seinen Kreuzestod und durch seine Verherrlichung geschenkt hat.

Es gehört übrigens ebenfalls zu den interessanten gesellschaftlichen Phänomenen der Postmoderne, dass die Religiosität trotz der negativen Ergebnisse kirchengebundener Christlichkeit nicht ab-, sondern eher zuzunehmen scheint. Die postmoderne Beliebigkeit, die mit einer Ablehnung des Zwanges zur Konven­tion einhergeht, schafft sich neue Wege und Räume für spirituelle Erfahrungen. Nicht nur in Afrika, in Asien und in Südamerika, auch in den USA und in unserem westeuropäischen Kulturkreis sprießen zahllose Formen eines sogenannten ‹charismatischen Christentums› wie Gras aus dem Boden.

Es ist hier nicht der Ort, den Gründen im einzelnen nachzugehen, warum bei aller feststellbaren Sehnsucht nach Religiösem der Exodus, der Auszug aus der Kirche, nicht abebbt, sondern andauert. Nimmt man die periodisch wiederkeh­renden Statistiken zur schwindenden Attraktivität der Kirche in der Gesellschaft unter die Lupe, so kann einem der unzulängliche Wissensstand über das Wesen der Kirche nicht nur seitens der Befragten, sondern auch der die Fragen stellenden Demoskopen nicht entgehen. In der Regel konzentrieren sich Fragen wie Antworten auf die Kirche als Institution, auf die von dieser vertretenen und ge­lebten oder nur mangelhaft gelebten bzw. nicht gelebten Moral, auf Zölibat und Sexualität, auf Ehe und Ehescheidung, auf die politischen Allianzen und Ambitionen der Amtskirche in Geschichte und Gegenwart, auf die Strukturen der Macht innerhalb der kirchlichen Hierarchie und dergleichen mehr.

Ist es nicht seltsam, wenn sich selbst einem sich immer noch zum Christentum katholischer Prägung bekennenden Gläubigen beim Nennen der Kirche zunächst stets Bilder assoziieren, die eher zu deren Außenseite zählen wie die Kirchengebäude oder die Amtsinhaber, Päpste, Bischöfe, Pfarrer, Ordensleute etc. etc.?

Wem fällt dagegen beim Wort Kirche der Begriff ‹Leib Christi› ein, was doch die Kirche nach der Verkündigung des Neuen Testamentes primär ist? Hat dies nicht auch damit zu tun, dass die kirchliche Verkündigung inklusive des Religionsunterrichtes gerade hinsichtlich ihres Wesens in hohem Maße defizitär ist? Und ist in kirchlichen und die Kirche betreffenden Verlautbarungen im Unterschied zum Neuen Testament nicht viel zu viel von der Außenseite und viel zu wenig von der Innenseite der Kirche die Rede?

In der Verkündigung des hl. Augustinus über die Kirche werden die Akzente noch ganz und gar im Sinne des Neuen Testamentes gesetzt. Eine christliche Spiritualität ohne Kirche ist bei ihm schlicht unvorstellbar. Weshalb? Weil auch eine Verkündigung Christi ohne Kirche unvorstellbar ist. Ja, für Augustinus scheint etwas an und von Christus zu fehlen, wenn man beim Hören oder Lesen oder Denken seines Namens die Kirche nicht gleich mithört, mitliest, mitdenkt. Deshalb spricht er mit Vorliebe vom ‹ganzen Christus›, vom ‹totus Christus›[5]. Ja, man kann sagen, nichts kennzeichnet seine Spiritualität zutreffender als seine Lehre vom ‹ganzen Christus›.

Um diese Lehre vom ‹ganzen Christus› besser verstehen zu können, müssen wir in aller Kürze auf die Christologie (= die Lehre von der Person Christi) eingehen. Der Kirchenvater unterscheidet drei Existenzweisen Christi: 1. die des Sohnes innerhalb der Trinität; 2. die des Mensch gewordenen Sohnes Gottes (der Christus im Fleisch, der ‹Mittler zwischen Gott und den Menschen›); und 3. die des Gekreuzigten und Verherrlichten zusammen mit den von ihm erlösten Men­schen (‹ganzer Christus›). Die zweite Existenzweise setzt die erste voraus, die dritte die erste und die zweite[6].

Ansätze zu der Lehre vom ‹ganzen Christus› finden sich bereits in den Schriften des Apostels Paulus. Zahlreiche formelhafte Wendungen in seinen Briefen wie «in Christus» bzw. «wir in Christus» und «Christus in uns» bzw. «Christus in mir» verdeutlichen bereits das mystische Christusverhältnis der Gläubigen, die nicht aus sich, sondern aus der Heilstat Christi leben[7]. Am ausführlichsten und eindringlichsten kommt der Apostel im 12. Kapitel des Ersten Korintherbriefes darauf zu sprechen. Er vergleicht dort die Kirche, im Blick auf die verschiede­nen Gnadengaben der Christen, mit den unterschiedlichen Funktionen eines jeden Gliedes zugunsten der Einheit und Ganzheit des Leibes. Am Ende dieses Vergleiches sagt der Apostel jedoch nicht, so verhält es sich auch mit der Kirche, nein, er sagt: «Ihr aber seid der Leib Christi, und jeder einzelne ist ein Glied an ihm» (12,27)[8].

Der Apostel Paulus war kein Philosoph, Augustinus aber war einer, und so wundert es nicht, wenn er seine Lehre auch vom ‹ganzen Christus› philosophisch zu begründen und zu entfalten trachtete. Wir hörten bereits, welche Rolle das Eine und das Viele in der Philosophie der Neuplatoniker spielte.

Wir vermögen Gegenstände, welcher Art auch immer, den Menschen, aber ebenso auch die Menschheit, den Baum, aber ebenso auch den Wald, um nur diese beiden Beispiele zu nennen, allein deshalb zu erkennen, weil sie, obgleich sie stets als Vielfalt existieren, das Siegel der Einheit an sich tragen. Teile, selbst die kleinster Objekte, sind immer nur Teile eines von einer Einheit geprägten Ganzen.

Wo immer wir hinsehen, was immer wir ansehen, stets stoßen wir auf die Einheit im Vielen oder auf das Viele in der Einheit, wobei einleuchtet, dass die Einheit eines Teiles eine geringere ist als die eines Ganzen. Und auch was ist jede Zahl der im Prinzip endlosen Zahlenreihe, wenn nicht die so und so oft wiederholte Eins?[9] Ein Drang nach immer höherer Einheit kennzeichnet schließlich das Universum selbst – dieses Wort zusammengesetzt von ‹unum› und von ‹vertere› = sich dem Einen zuwenden, veranschaulicht auch als Begriff höchst treffend und sehr schön die Bedeutung der ‹Eins›.

Es ist wichtig, die Grundidee des ‹Einen›, aus dem alles andere hervorgeht, zu dem aber auch alles andere zurückkehren soll, zu erfassen. Aus dem gleichen Grund ist aber auch außer Gott, dem Einen, alles andere nicht mehr das schlechthin Identische.

Übrigens, unserem Weltbild – man denke an den Urknall – liegt die gleiche Theorie über das Eine und das Viele sowie über die Abhängigkeit des Vielen vom Einen zugrunde.

Sie liegt deshalb auch unserer menschlichen Existenz zugrunde. Ist nicht die Seele das die Einheit stiftende Prinzip des Leibes? Sie, die Seele, ist in den ein­zelnen Teilen des Leibes und in allen Teilen zugleich ganz. «Sie verleiht dem Leib seine Einheit und erhält ihn in der Einheit»[10]. Der Einheitsgedanke von einem beseelten Leib wirkte, wie wir gleich sehen werden, mächtig auf die Entfaltung der Lehre vom ‹ganzen Christus› ein[11].

In zahlreichen Predigten überträgt Augustinus diese seine Sicht von der die Ein­heit stiftenden Rolle der Seele im Leib auf Christus und die Kirche[12]. «Der ganze Christus besteht aus dem Haupt und aus dem Leib. Denn ohne ihn (den Christus) sind wir (die Christen) nichts», stellt der über den Psalm 30 predigende Augustinus fest und er fährt fort: «In ihm aber sind wir selbst Christus. Wieso? Weil den ganzen Christus das Haupt zusammen mit dem Leib bildet. Jenes Haupt (Christus), das bereits in den Himmel hinaufgefahren ist, ist der Retter des Leibes (der Kirche); dieser Leib aber müht sich auf Erden noch ab (vgl. Epheserbrief 5,23). Hinge jedoch der Leib in der Liebe dem Haupte nicht in der Weise an, dass zwischen den beiden eine einzige Person entstünde, so könnte Christus dem ihn verfolgenden Saulus nicht sagen: ‹Saulus, Saulus, was verfolgst du mich?› (Apostelgeschichte 9,4). Wie vermag Saulus ihm auf Erden Un­recht zuzufügen, wenn ihn, der bereits im Himmel ist, niemand berühren konnte? Er (Christus) sagte ja nicht, ‹was verfolgst du meine Auserwählten, meine Diener?›; er sagte, ‹was verfolgst du mich?›. Das heißt doch: meine Glieder. Das Haupt (also) rief stellvertretend für die Glieder; das Haupt verwandelte seine Glieder (indem es sich mit ihnen identifizierte). So übernimmt die Zunge, wenn der Fuß in der Menge (von jemandem) getreten wird, dass es schmerzt, die Stimme des Fußes und ruft: Du trittst mich! Sie sagt dann (eben) nicht: Du trittst meinen Fuß. Die Zunge sagt (vielmehr), sie werde getreten, obgleich nicht sie, sondern der Fuß getreten wurde, weil er (der Fuß) von der Zunge nicht getrennt wurde»[13].

Es entging Augustin als Theologen nicht, dass die Einheit letzten Endes auch der Geschichte unseres Heils, wie der Apostel Paulus diese in seinem Römerbrief in den Blick nimmt, zugrunde liegt. Im Kapitel 5 dieses Briefes stellt der Apostel den einen Adam, ‹durch den die Sünde in die Welt kam›, dem einen Christus, durch den wir das Heil erlangen, gegenüber: «Sind durch die Übertretung des einen die vielen dem Tod anheim gefallen, so ist erst recht die Gnade Gottes und die Gabe, die durch die Gnadentat des einen Menschen Jesus Christus bewirkt ist, den vielen reichlich zuteil geworden» (5,15). Adam wird hier gewissermaßen zum Inbegriff des von Gott abgefallenen Menschengeschlechtes.

Erinnern wir uns an die Abkehr vom ‹Einen› und an die ‹Umkehr› zum ‹Einen› bei den Neuplatonikern. Augustinus legt sie seiner Auslegung dieses Kapitels des Römerbriefes zugrunde. Durch die Sünde hat Adam, der Prototyp des Men­schen, sich von Gott, dem ‹Einen› ab- und sich dem ‹Vielen› zugewendet. Er ist nun in das ‹Viele› zerstreut. Aus eigener Kraft vermag er dem nicht zu entrin­nen. Deshalb kommt Gott, der ‹Eine›, als der Sohn in seiner Menschwerdung ihm zur Hilfe. Er sammelt den in das ‹Viele› zerstreuten Adam (die Kinder Adams) und führt ihn zurück zum ‹Einen›. «Anders», so fährt schon der Apostel Paulus im Römerbrief weiter, «als mit dem, was durch den einen Sünder verursacht wurde, verhält es sich mit dieser Gabe: Das Gericht führt wegen der Übertretung des einen (Adam) zur Verurteilung, die Gnade führt aus vielen Übertretungen (der Adamskinder) zur Gerechtsprechung. Ist durch die Übertretung des einen der Tod zur Herrschaft gekommen, durch diesen einen, so werden erst recht alle, denen die Gnade und die Gabe der Gerechtigkeit reichlich zuteil wurde, leben und herrschen durch den einen, Jesus Christus» (5,16-17).

Aus dem Gesagten ergibt sich ein Doppeltes: 1. Christen sind mit ihrem Herrn, dem verherrlichten Christus, gleichsam eine Person. Unter diesem Aspekt ist Christus nicht der Eine und die Kirche die Vielen, «vielmehr sind auch wir, die Vielen, in jenem Einen einer». Die Frage, wie denn die Christen viele und zugleich einer sind, beantwortet Augustinus streng genommen in Hinblick auf jene Vollendung, in der sich Christus als Haupt bereits befindet. «Wir sind viele und wir sind einer ... Weil wir jenem verbunden sind, dessen Glieder wir sind; und weil deren Haupt (bereits) im Himmel ist, sollen ihm die Glieder folgen»[14].

2. Trotz dieser Einheit zwischen Haupt und Leib gilt es doch auch den Unterschied zwischen den beiden zu sehen. Das Haupt (Christus) rettet, der Leib (die Kirche) wird gerettet. Das Haupt ist der Erlöser, der Leib sind die Erlösten. Als der Sohn Gottes wahrt Christus seine ureigene Integrität (Unverletzlichkeit) auch ohne den Leib. Die Kirche aber gewinnt ihre Integrität nur über Christus, der sie ihr als seinen Gliedern schenkt[15].

Mit anderen Worten: Die ‹Einheit›, in der wir uns als Glieder am Leib Christi schon befinden, ist noch keine absolute. Sie ist zwar eine im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe gegebene, aber weil unser Glaube, unsere Hoffnung und unsere Liebe immer noch zu wünschen lassen, ist diese ‹Einheit› eine stets auch zu erstrebende, weil je nach dem Maß der genannten drei göttlichen Tugenden eine ab- und zunehmende.

Es versteht sich von selbst, sind wir Christen im dargelegten Sinn Christus und umgekehrt, ist Christus in einer Weise in uns, dass er sich mit uns identifiziert, so ergeben sich daraus Folgerungen in bezug auf unser Selbstverständnis, die sich in unseren Lebensäußerungen niederschlagen müssten. Da ist zunächst zu sehen, dass diese Lebensäußerungen uns bereits in den Schriften des Neuen Testamentes begegnen und wohl gerade deshalb die augustinische Spiritualität maßgeblich bestimmen. Betrachten wir einige der wichtigeren.

1. Einem aufmerksamen Leser der Evangelien dürfte kaum entgehen, dass die Existenz Christi hier auf Erden im Kreuzesgeschehen und in der österlichen Verherrlichung gipfelt. Kreuz und Auferstehung bilden nicht nur die Mitte des Kirchenjahres, sondern so gut wie jeder liturgischen Feier, speziell die der Eucharistie. Die Evangelien, achtet man auf ihre Komposition, auf die Verteilung ihres Stoffes, den sie verkündigend entfalten, sind nichts anderes als nach rückwärts verlängerte Passions- und Auferstehungsgeschichten[16].

Christliche Spiritualität steht und fällt deshalb mit der bewussten Teilnahme, weil stets schon auch Teilhabe, am Leiden Christi und dessen Verherrlichung. Bei seiner Auslegung des Psalmes 86 kommt Augustinus darauf zu sprechen. Er zitiert dort den Verfasser des Kolosserbriefes, der sich über seine Leiden deshalb freue, weil Christus in ihm leide, damit er, der Apostel, an seinem eigenen Fleische ergänze, was an dem Leiden Christi noch ausstünde. «Also», fragt Augustin, «damit» er «ergänze? Was? Das, was noch aussteht. Wem steht noch etwas aus? Den Leiden Christi. Und wo stehen diese aus? In» seinem «Fleische»[17].

Nicht in seiner göttlichen Natur litt Christus, sondern in seiner menschlichen. Sein Menschsein ist also der Angelpunkt im Erlösungsgeschehen. Nicht als Gott wurde Christus Ostern verherrlicht – diese Herrlichkeit steht ihm kraft seiner göttlichen Natur zu –, sondern als Mensch, der er litt und starb, und so in die Herrlichkeit einging. Dies bedenkt Augustinus an der zitierten Stelle, ehe er fortfährt: «Lasst uns also dorthin gehen, wohin Christus uns vorausging; (jedoch) immer noch macht Christus sich (in uns) dorthin auf den Weg, wohin er (uns bereits) vorausging. Denn im Haupte ging Christus voraus, und er folgt ihm im Leib»[18].

Wer will leugnen, dass christliches Existenzverständnis hierin kulminiert und deshalb auch christliche Spiritualität darin ihren Höhepunkt erreicht? Brachte der Apostel Paulus dies nicht ebenfalls auf den Punkt, als er einprägsam formulierte: «Leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn»? (Röm 14,8). Nicht weniger einprägsam formuliert Augustinus: «Er selbst (Christus) stirbt in uns; er selbst steht in uns von den Toten auf»[19]. Wo immer wir Christen sterben, stirbt Christus von Neuem in seinem Leib, der die Kirche ist, der wir Christen sind. Dieser Glaube ist nicht ein billiger Trost in unserer Sterbestunde, es ist deren Krönung. Wo und wann immer Christen gläubig sterben, sprechen sie zusammen mit Christus ihr ‹consummatum est›, ihr ‹es ist vollbracht›.

2. Zwar werden Christen im Evangelium zu privatem Gebet, ‹in der Kammer, bei verschlossener Tür› (Mt 6,6) angehalten, jedoch auch zum Kult in der Öffentlichkeit. Beides ist aus einer christlichen Spiritualität nicht wegzudenken. In diesem Zusammenhang muss etwas über die Psalmen, Augustins Lieblingsgebete gesagt werden. Das umfangreichste Werk, das aus seiner Feder hervorging, sind seine Auslegungen des ganzen Psalters. Sie gehören mit zum Kostbarsten, was er als Schriftsteller der Kirche hinterlassen hat.

In dem sehr schönen Artikel des Augustinus-Lexikons steht darüber zu lesen: «Indem Augustinus die Psalmen als Prophetie des Christus-Mysteriums in seiner Vollständigkeit von Haupt und Leib ... verstand, war (von ihm) für die Auslegung ein hermeneutischer Schlüssel gefunden, um die alttestamentlichen Worte in ihrer letzten Sinntiefe auszuloten und für ein christliches Verständnis zu aktualisieren. Im Licht des Neuen Testamentes betrachtet, erhielten die Psalmen neue Konturen, um das Mysterium Christi widerzuspiegeln»[20].

Die Psalmen beinhalten Worte an Christus, Worte über Christus und Christi Wort selbst, ebenso beinhalten sie Worte an die Kirche, Worte über die Kirche und Worte der Kirche selbst. Wer immer also die Psalmen betet, der betet mit Christus. «... und so kommt es, dass unser Herr Jesus Christus, der Sohn Gottes selbst als Erlöser seines Leibes sowohl für uns betet, in uns betet und von uns angebetet wird. Er betet für uns als unser Priester, er betet in uns als unser Haupt, er wird von uns angebetet als unser Gott. Erkennen wir also sowohl unsere Worte in ihm wie auch seine Worte in uns»[21]. Kann man Christen zum Be­ten in der Kirche und mit der Kirche noch intensiver animieren und motivieren? Wohl kaum.

3. Es ist auffallend, dass die sogenannten Synoptiker, und zwar alle drei, ihren Bericht über das messianische Wirken Jesu mit der Perikope von dessen Versuchung eröffnen. «Der Geist trieb Jesus in die Wüste. Dort blieb er vierzig Tage lang und wurde vom Satan in Versuchung geführt», heißt es kurz und bündig bei Markus (1,12f.), während Matthäus wie auch Lukas die Versuchung als einen dreimaligen Anlauf des Teufels in Szene setzen. Unschwer kann man erkennen, worum es da eigentlich geht. Jesus, der sein messianisches Wirken gerade mit dem Ruf zur ‹Umkehr› beginnen wird, soll sich zuvor von Gott abkehren. Um welchen Preis? Die Antwort lautet abgekürzt: um alle Schätze der Welt. Können diese aber Gott aufwiegen? Nie und nimmer.

Indes, konnte denn Jesus, der Sohn Gottes, überhaupt versucht werden? Nein, sagt Augustinus. Was ist also mit dieser Perikope beabsichtigt? Ein Paradigma, eine Erzählung, ein Lehrstück für uns. «Gewiss war es Christus, der vom Teufel versucht worden ist», so legt Augustinus die Perikope aus. «Du nämlich wurdest in Christus versucht, denn Christus nahm von dir (deiner menschlichen Natur) Fleisch an, das Heil für dich hatte er (hingegen) von sich; von dir hatte er für sich den Tod, für dich von sich das Leben; von dir hatte er für sich Schmähungen, für dich von sich den Ehrensold. So hatte er auch von dir für sich die Versuchung, für dich von sich den Sieg. Sind wir also in jenem (Christus) versucht worden, so haben wir auch in jenem den Teufel überwunden. Du stellst also fest, dass Christus versucht worden ist, willst du nicht (zugleich) feststellen, dass er gesiegt hat? Erkenne, dass du in jenem (dem Leib Christi) versucht wurdest»[22], und selbstverständlich in jenem auch den Sieg davontragen wirst.

4. Ähnliches gilt vom Bekenntnis der Sünden. Wieder ist es der Apostel Paulus, der im Römerbrief (8,3) verkündete, Christus sei uns mit Ausnahme der Sünde in allem gleich geworden. In den Psalmen, die Augustinus, wie soeben gesagt, auf den ‹ganzen Christus› hin las, bekennt der Fromme des öfteren seine ‹Fre­veltaten›. Abermals unterstreicht Augustinus in seinen Auslegungen, Christus spreche da nicht von sich, sondern von uns, von seinem Leibe, von seinen Gliedern. Heißt es da z.B. im Psalm 140,3: «Stelle, o Herr, eine Wache vor meinen Mund, einen Posten vor das Tor meiner Lippen, dass mein Herz nicht zu bösen Worten sich neige, um Entschuldigungen für meine Sünden zu suchen», dann ist es zwar er, Christus, der so betet, aber nur, um uns zu belehren und anzuhalten, in rechter Weise zu bekennen und bekennend um Vergebung zu bitten[23].

5. Mit zu den schönsten Aussagen des Kirchenvaters über den ‹ganzen Christus› zählen schließlich jene, in denen der Leib und das Haupt bzw. das Haupt und der Leib sich gegenseitig verkünden, gegenseitig rühmen und gegenseitig preisen. In seinem Kommentar zum Johannesevangelium dehnt Augustinus die Worte Jesu, die von der Liebe zwischen dem Vater und ihm, dem Sohn, handeln, auch auf die Kirche hin aus. ‹Alle, die den Vater lieben, lieben auch den Sohn› (5,21-23). Die christliche ‹caritas›, die ihren Ursprung in der Trinität hat, erstreckt sich über den Menschgewordenen, den Erlöser als Mittler, auch auf die Kirche, auf die Glieder des Hauptes, auf die Erlösten. Aufgrund dieser umfassenden Liebesbeziehung prägte Augustinus den ebenso kühnen wie tiefsinnigen Satz: «Also, lasst uns gegenseitig uns beglückwünschen und zugleich Dank sagen, dass wir nicht nur Christen, sondern Christus geworden sind. Vermögt ihr, liebe Brüder, die Gnade Gottes, des Hauptes, über uns zu verstehen? Staunt darüber und freut euch, Christus facti sumus, wir sind Christus geworden»[24].

Sind wir als Glaubende in einem bestimmten Sinne Christus, so folgert Augustinus, dann «verkündet auch Christus den Christus, das will sagen (das Haupt) seinen auf dem ganzen Erdkreis verstreuten Leib». Aber auch umgekehrt verkündet der Leib, der auf Erden wächst, sein Haupt, denn wie er das Haupt vom Himmel her in uns ist, so sind wir, der Leib, der Hoffnung nach schon in ihm aufgrund eines Liebesgefüges, das beide eint. «Ist doch er als unser Haupt der Erlöser seines Leibes. Es verkündet also Christus Christus, es verkündet der Leib sein Haupt, und es schützt das Haupt seinen Leib»[25].

Aus dem bisher Gesagten dürfte der hohe Stellenwert der Lehre des hl. Augustinus vom ‹ganzen Christus› für dessen Spiritualität unmittelbar einleuchten. Halten wir fest: 1. Christliche Spiritualität augustinischer Prägung hat Christi Erlösungswerk zur Voraussetzung, denn durch die Sakramente, speziell die Taufe und die Eucharistie haben Christen am Sein Christi Anteil; sie werden Christus einverleibt. 2. Christliche Existenz ist über das Sein hinaus auch ein Werden, ein Prozess, ein Wachsen, Verläufe, die das ganzes Leben lang andauern und auf Identifikation, auf Einswerdung mit Christus abzielen. 3. Trotz des unvollendeten Charakters dieser Identifikation und Einswerdung im gegenwärtigen irdischen Dasein sind Gläubige nicht nur Christen, sondern Christus.

Was ergibt sich daraus für unser Selbstverständnis? Wir haben eingangs gehört, welche Bedeutung dem Individuum, also dem Einzelnen, in der sogenannten postmodernen Gesellschaft zukommt. Selbstverständlich hat jedweder Individualismus in einer vom Evangelium geprägten Gesellschaft seine Grenzen. Nicht einem hemmungslosen Egoismus dienender, sondern ein die Würde der Person wahrender Individualismus ist innerhalb einer christlichen Gemeinschaft gefragt, in den Blick zu nehmen und zu verwirklichen.

Es sei in diesem Zusammenhang lediglich an die goldene Regel erinnert: «Was ihr von anderen erwartet, das tut ebenso für sie» (Lukas 6,31), ferner an das Gebot: «Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst» (Matthäus 22,39 = Leviticus 19,18). Beide Stellen verdeutlichen die berechtigten Interessen des Individuums als Person. Eine Gesellschaft oder auch eine Gemeinschaft, in welcher das Kollektiv, die Gruppe, in der die Persönlichkeit des einzelnen von untergeordneter Bedeutung ist, dominiert, erfüllt die Bedingungen einer als ‹Leib Christi› bzw. als ‹ganzer Christus› sich verstehenden Gesamtheit schlechthin nicht.

Beides, schrankenloser Individualismus wie eine die Persönlichkeit dem Kollektiv radikal unterordnende Gesellschaftsnorm, hat mit christlicher Spiritualität nichts zu tun. Worin besteht nun aber ein gesunder Individualismus? Denn dass es so etwas gibt, leuchtet gerade in Hinblick auf das Bild von der Kirche sowohl als ‹Leib Christi› wie auch als ‹ganzer Christus› ein. Je gesünder, je stärker, je selbständiger, je selbstbewusster die einzelnen Glieder sind, umso vollkommener ist das Ganze.

Unser christliches Selbstbewusstsein hat etwas mit unserer christlichen Identität zu tun. Sie zu erlangen, sie zu sichern und zu vertiefen ist eine Aufgabe, bei deren Verwirklichung uns die augustinische Spiritualität enorme Hilfen zu bieten vermag. Bedeutet nämlich ‹Identität›, zwei Dinge so zur Übereinstimmung zu bringen, dass sie sich möglichst gleichen[26], so gewinnen wir diese, wie dargelegt, in der Übereinstimmung unseres Lebensziels mit dem, das Christus uns im Evangelium nicht nur gelehrt, sondern ermöglicht hat.

Christliche Identität bedeutet nicht Unterdrückung oder gar Vernichtung der eigenen Individualität, was in der christlichen Askese häufig unter Berufung auf Sätze wie «Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir» (Gal. 2,20) propagiert und speziell von Ordensleuten abverlangt wurde. Wenn der Apostel Paulus von sich sagt, Christus lebt in ihm, so meint er nicht, er selbst habe mit all seinen individuellen Anlagen aufgehört zu leben. Ganz im Gegenteil. Seine Leidenschaft z.B. als geistige Anlage, mit der er vor seiner Bekehrung Christus bekämpft hatte, blieb ihm erhalten. Mit ihr verkündigte er nunmehr Christus als Inbegriff seines Lebens. Aber war Paulus nicht trotz seiner Christusverbunden­heit immer noch auch Sünder? Welche Rolle spielt sie, die Sünde, in der augustinisch-christlichen Spiritualität? Auf diesen wichtigen Aspekt müssen wir noch in aller Kürze eingehen.

Beginnen wir wieder beim Apostel Paulus. War dieser sich bei all seiner Identifikation mit Christus nicht auch seines Status, seines Zustandes als Sünder bewusst? Im Römerbrief kommt er ausführlich darauf zu sprechen: «Ich begreife mein Handeln nicht: denn ich tue nicht das, was ich will, sondern das, was ich hasse, ... die in mir wohnende Sünde. Ich weiß, dass in mir ... nichts Gutes wohnt: Das Wollen ist zwar vorhanden, aber ich vermag das Gute nicht zu ver­wirklichen. ... Wenn ich aber tue, was ich nicht will, dann bin nicht mehr ich es, der so handelt, sondern die in mir wohnende Sünde. Ich erkenne also das Gesetz, dass in mir das Böse vorhanden ist, obwohl ich das Gute tun will. Denn in meinem Innern freue ich mich am Gesetz Gottes, ich sehe aber ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, das mit dem Gesetz meiner Vernunft im Streit liegt und mich gefangen hält im Gesetz der Sünde, von dem meine Glieder beherrscht werden. Ich unglücklicher Mensch! Wer wird mich aus diesem Todesleib erretten? Dank sei Gott durch Jesus Christus unseren Herrn! So diene ich mit meiner Vernunft dem Gesetz Gottes, mit dem Fleisch aber dem Gesetz der Sünde».

Der schon betagte Augustinus schreibt, er habe über diese Stelle viel nachgedacht. Lange Zeit sei er der Meinung gewesen, der Apostel beschreibe in diesen Zeilen aus dem Römerbrief seinen Zustand noch vor der Bekehrung. Schließlich sei er jedoch zur Überzeugung gekommen, dass das, was dort vom Apostel nie­dergeschrieben worden ist, von diesem auch nach seiner Bekehrung gilt. Ja, nicht nur von sich selbst habe Paulus geschrieben, sondern von jedem und von jeder in dieser gegenwärtigen Welt. Auch der Erlöste bleibt im Bannkreis der Sünde.

Was meint dann Erlösung? Was beinhalten Kreuz und Auferstehung Jesu? Nichts anderes als das Evangelium, die frohe Botschaft, dass die durch alle Sünden, die vergangenen, die gegenwärtigen und die zukünftigen herbeigeführte und angehäufte Schuld gesühnt, bezahlt, getilgt ist. Erinnern wir uns nochmals an den Lobpreis Augustins im Schlusskapitel des 10. Buches seiner Confessiones: «Er, dein Alleinziger, ‹in dem alle die Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen sind› (Col 2,8) er hat mich losgekauft mit seinem Blut. Es sollen die Stolzen mich nicht bemäkeln, weil ich mein Lösegeld erwäge».

Ohne solches Erwägen kann von einer christlichen Spiritualität augustinischer Prägung nicht die Rede sein. Denn nur im Bedenken des ständigen Auf und Ab der eigenen Lebensgeschichte, mit deren Brüchen, Krisen und Schulderfahrun­gen, aber auch im Bedenken an deren Überwindung mit Hilfe der Gnade, werden wir als Christen in der eigenen Stimme zugleich die Christi vernehmen, in unserem eigenen Weg den Christi gehen und auf diese Weise in unserem Selbst Christus in uns entdecken und in ihm unsere Individualität zur Entfaltung bringen – so zur Entfaltung bringen, dass sie dem ganzen Christus nicht wider­spricht, sondern entspricht.

--------------------------------------------------------------------------------

[1] J. Kahl, Das Elend des Christentum oder Plädoyer für eine Humanität ohne Gott, Hamburg 1968.

[2] R. Adolfs, Graz 1967, Originalausgabe: Het Graf Van God, Utrecht 1966.

[3] T. Rendtorff, Hamburg 1969.

[4] So das Stichwort Postmoderne im Brockhaus Enzyklopädie Bd. 17, Mannheim 1992, S. 410-113.

[5] Ausgezeichnete Darstellung dieser augustinischen Lehre bei T. van Bavel, Die Einheit des ‹Totus Christus› bei Augustinus, in: Scientia Augustiniana, Festschrift für A. Zumkeller, hrsg. von C. P. Mayer und W. Eckermann, Würzburg 1975, S. 43-75.

[6] Sermo Dolbeau 22,2: «unus modus est secundum deum et illam diuinitatem patri coaequalem atque coaeternam ante adsumptionem carnis. alter modus est quo, adsumpta carne, iam idem deus qui homo et idem homo qui deus, secundum quandam suae excellentiae proprietatem qua non ceteris coaequatur hominibus, sed est mediator et caput ecclesiae, et legitur et intellegitur. tertius modus est cum quodammodo totus Christus in plenitudine ecclesiae, id est caput et corpus, secundum plenitudinem perfecti cuiusdam uiri, in quo uiro perfecto sumus membra, et credentibus praedicatur et prudentibus agnoscibilis offertur».

[7] Zur Formel ™n Xristþ R. Bultmann, Theologie des Neuen Testamentes, Rübingen 51965, 328-330.

[8] In den späteren Schriften des Neuen Testamentes kommt diese denkbar innige Einheit zwischen Christus und seiner Kirche bereits differenzierter zur Sprache. Gott, so heißt es im Epheserbrief, hat Christus, «der als Haupt alles überragt, über die Kirche gesetzt. Sie ist sein Leib und wird von ihm erfüllt, der das All ganz und gar beherrscht» (2,22f.).

[9] In der Frühschrift De libero arbitrio 2,22 erörtert Augustinus diesen Tatbestand.

[10] De animae quantitate 70: «conligit in unum atque in uno tenet».

[11] T. van Bavel, art. cit. S. 51.

[12] Illustre Texte zusammengestellt im zitierten Artikel von T. van Bavel.

[13] Enarrationes in Psalmos 30,2,1,3: «totus Christus caput et corpus. caput ille saluator corporis, qui iam adscendit in caelum; corpus autem ecclesia, quae laborat in terra. hoc autem corpus nisi connexione caritatis adhaereret capiti suo, ut unus fieret ex capite et corpore, non de caelo quemdam persecutorem corripiens diceret: ‹Saule, Saule, quid me persequeris›? quando eum iam in caelo sedentem nullus homo tangebat, quomodo eum Saulus in terra saeuiens aduersus christianos aliquo modo iniuria percellebat? non ait: quid sanctos meos, quid seruos meos, sed: ‹quid me persequeris›, hoc est, quid membra mea? caput pro membris clamabat, et membra in se caput transfigurabat. uocem namque pedis suscipit lingua. quando forte in turba contritus pes dolet, clamat lingua: calcas me. non enim ait: calcas pedem meum, sed se dixit calcari, quam nemo tetigit; sed pes qui calcatus est, a lingua non separatus est».

[14] Enarrationes in Psalmos 127,4: «... plures sumus, et unus sumus. quomodo plures sumus, et unus sumus? quia illi inhaeremus cuius membra sumus; et quorum caput in caelo est, ut membra sequantur».

[15] Sermo 341,11: «etenim caput et corpus unus est Christus. non quia sine corpore non est integer, sed quia et nobiscum integer esse dignatus est, qui et sine nobis semper est integer».

[16] So M. Kähler,

[17] Enarrationes in Psalmos 86,5: «praecessit enim in capite; sequitur se in corpore. uidete quid dixit apostolus quia in ipso Christus patiebatur: ‹ut adimpleam›, inquit, ‹quae desunt pressurarum Christi in carne mea›. ‹ut adimpleam›: quid? ‹quae desunt›. cui desunt? ‹pressurarum Christi›. et ubi desunt? ‹in carne mea›».

[18] Ebd.: «ergo illuc imus quo Christus praecessit, et adhuc Christus illuc pergit quo praecessit: praecessit enim Christus in capite, sequitur in corpore».

[19] Enarrationes in Psalmos 62,2: «si ergo in illo mortui sumus, et in illo resurreximus, et ipse in nobis moritur, et in nobis resurgit - ipse est enim unitas capitis et corporis -, non immerito uox ipsius etiam nostra est, et uox nostra etiam ipsius est».

[20] M. Fiedrowicz, Enarrationes in Psalmos, B. Theologische Aspekte: Augustinus-Lexikon Bd. 2 (1996-2002) 838-858, 848f.

[21] Enarrationes in Psalmos 85,1: «... sitque ipse unus saluator corporis sui dominus noster Iesus Christus filius dei, qui et oret pro nobis, et oret in nobis, et oretur a nobis. orat pro nobis, ut sacerdos noster; orat in nobis, ut caput nostrum, oratur a nobis, ut deus noster. agnoscamus ergo et in illo uoces nostras, et uoces eius in nobis».

[22] Enarrationes in Psalmos 60,3: «ergo nos transfigurauit in se, quando uoluit tentari a satana. modo legebatur in euangelio quia dominus Iesus Christus in eremo tentabatur a diabolo. prorsus Christus tentabatur a diabolo. in Christo enim tu tentabaris, quia Christus de te sibi habebat carnem, de se tibi salutem; de te sibi mortem, de se tibi uitam; de te sibi contumelias, de se tibi honores; ergo de te sibi tentationem, de se tibi uictoriam. si in illo nos tentati sumus, in illo nos diabolum superamus. adtendis quia Christus tentatus est, et non adtendis quia uicit? agnosce te in illo tentatum».

[23] Enarrationes in Psalmos 14,6: « ergo si dominus noster Iesus Christus nos figurans in caritate corporis sui, quamuis esset ipse sine peccato, dixit: ‹uerba delictorum meorum›, dixit autem hoc es persona corporis sui; quis audet in membris eius dicere non se habere peccatum, nisi qui fuerit ausus se falsae iustitiae nomine efferre, et Christum falsitatis arguere? fatere ergo, o membrum, quod pro te pronuntiauit caput tuum. quod ut fateamur, quod ut faciamus, nec nos iustificemus ante conspectum solius iusti, qui iustificat impium; subiecit iam sui corporis uocem: ‹pone, domine, custodiam ori meo, et ostium continentiae circa labia mea››.

[24] In Iohannis euangelium tractatus 21,8: «ergo gratulemur et agamus gratias, non solum nos christianos factos esse, sed Christum. intellegitis, fratres, gratiam dei super nos capitis? admiramini, gaudete, Christus facti sumus».

[25] Sermo 354,1: «fides uerissima tenet: quoniam Christum ipse praedicat Christus, hoc est corpus Christi toto orbe diffusum. ... ubi dominus sic expressit et hic se esse in nobis. sic totus crescit: quia quemadmodum ille in nobis est hic, sic et nos ibi in illo sumus. hoc facit compago caritatis. ipse qui caput nostrum, saluator est corporis sui. praedicat ergo Christus Christum, praedicat corpus caput suum, et tuetur caput corpus suum».

[26] Siehe J. Goldbrunner, Identität, in: Praktisches Lexikon der Spiritualität, hrsg. C. Schütz, Freiburg 1988, S. 637-640.