ZENTRUM FÜR AUGUSTINUS-FORSCHUNG

AN DER JULIUS-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT WÜRZBURG

ZAF Logo 3

Fecisti nos ad te, domine, et inquietum est cor nostrum donec requiescat in te.

Confessiones 1,1

Geschaffen hast du uns auf dich hin, o Herr, und unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir.

Bekenntnisse 1,1

13. AUGUSTINUS-STUDIENTAG 2015

 

Augustinus – Christentum – Judentum

Ausgewählte Stationen einer Problemgeschichte

Würzburg, Donnerstag/Freitag, 12./13. November 2015

Jüdisches Kulturzentrum Shalom Europa (12. November)
Burkardushaus (13. November)

Veranstaltet vom
Zentrum für Augustinus-Forschung (ZAF) an der Universität Würzburg (Leitung: C. Müller)
in Verbindung mit den Instituten
für Gräzistik (M. Erler), Kirchengeschichte des Mittelalters und der Neuzeit (D. Burkard), Latinistik (C. Tornau) und Philosophie (K. Mertens/J. Müller)
sowie in Zusammenarbeit
mit der Israelitischen Gemeinde Würzburg und Unterfranken
(Dr. J. Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland)

  • Prof. Dr. Christof Müller

    Prof. Dr. Christof Müller bei der thematischen Einführung. - Foto: Markus Hauck (POW)
    Herr Zentralratspräsident, Exzellenz, Magnifizenz, geschätzte Amts- und Würdenträger, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren,

    «in euren Eltern habt ihr Christus getötet!» – so schleudert Augustinus in einer Predigt aus seinen letzten Lebensjahren den Juden seiner Zeit entgegen. «In euern Eltern habt ihr Christus getötet!» – mit diesem Verdikt moduliert der katholische Bischof von Hippo den Antijudaismus, den er in Teilen des Neuen Testaments vorgefunden und in den Schriften früher Kirchenväter aufgesaugt hatte. Damit nicht genug, enteignet Augustinus – auch hier in neutestamentlicher Tradition – die Juden seiner Zeit zusätzlich ihrer eigenen heiligen Schriften, wenn er ihnen an anderer Stelle seines Sermo mit Psalm 69 zuruft: «Sagt ‹wir sind es›, wenn ihr hört: ‹Ihre Augen mögen umdüstert werden, dass sie nicht sehen, und ihr Rücken sei stets gebeugt›». Selbst die Tora gerät in solcher Lesart zum Zeugnis gegen das auserwählte Volk Israel, wenn der Prediger Judentum und Christentum typologisch mit Jakob und Esau aus Genesis 25 gleichsetzt: «Oder ist etwa Jakob ... anders zu verstehen als das christliche Volk selbst, das, von jüngerer Geburt als das jüdische Volk, dennoch dieses an Wachstum übertrifft und sich dieses unterwirft, damit erfüllt werde, was über jene zwei Brüder figürlich vorhergesagt ist: ‹Und der Ältere wird dem Jüngeren dienen›?»

    Es bedurfte nur eines Wimpernschlags der Weltgeschichte, bis aus der hermeneutischen Knechtung der jüdischen Schriften die historische Knechtung des jüdischen Volkes wurde. Möchte man erneut die Typologie bemühen, so tritt im Laufe der Jahrhunderte neben und vor das Geschwisterpaar Jakob und Esau faktisch immer häufiger dasjenige von Kain und Abel, wobei Kain, in diesem Falle Typos für die Christen, seinen Bruder Abel, in diesem Falle Typos für die Juden, nicht nur taktisch und dialektisch überwältigt, sondern kurzerhand: erschlägt – beide Male im Zeichen der tödlichen Rivalität, welches der Geschwister denn das zuvörderst geliebte und erwählte Kind sei.

    «In euren Eltern habt ihr Christus getötet!» – so lautete auch der provokante Titel des Augustinus-Lektüreseminars, zu dem das Zentrum für Augustinus-Forschung (ZAF) und seine universitären Kooperationspartner Anfang Januar dieses Jahres eingeladen hatten und in dessen Rahmen rund 60 Interessierte die sogenannte ‹Judenpredigt› Augustins, ‹Aduersus Iudaeos›, gemeinsam lasen, analysierten, interpretierten und – gewiss nicht zuletzt – diskutierten. Schnell war den Beteiligten – auch innerlich Beteiligten – klar, dass beim hermeneutischen Hantieren mit dem brisanten Textmaterial größte Vorsicht geboten war – soll heißen: höchste philologische und interpretatorische Sorgfalt. Ebenso schnell wurde den Diskutierenden deutlich, dass die Auseinandersetzung mit einem in weiten Teilen antijudaistisch angelegten Text geradezu danach schreit, in einen theologie- und ideologiegeschichtlichen ‹Kon-Text› eingerückt zu werden, einen Kontext, der bereits im Neuen Testament anhebt und sich – größtenteils als Verhängniszusammenhang – bis weit in das 20. Jahrhundert hinein fortgestrickt hat.
    ‹Text›-Arbeit verlangt ‹Kon-Text›-Arbeit: Aus diesem hermeneutischen und moralischen Imperativ heraus hat das ZAF seit Anfang 2015 intensiv ein breiter angelegtes Symposion geplant und schlussendlich realisiert, das die philologische Analyse des Lektüreseminars durch die Vergegenwärtigung des weiten wirkungsgeschichtlichen Horizonts antijudaistischer Theologie ergänzt. Gewiss: Augustinus war, wenn wir uns die Details seiner Texte anschauen, nicht der gehässigste und nicht der polemischste unter den christlichen Verächtern des Judentums – bisweilen sogar im Gegenteil –, jedoch allemal einer der gebildetsten und wirkmächtigsten. Insofern sich das ZAF generell zum Programm gesetzt hat, das gesamte augustinische Erbe zu sichten, auszuwerten und zu vermitteln, gehört zu diesem Programm unverzichtbar auch die Auseinandersetzung mit den ‹Erb-Lasten› Augustins: mit seinen intellektuellen ‹Hypotheken›, mit seinen religiösen ‹Schulden› – und eventuell sogar mit seiner moralischen ‹Schuld›. Die heute häufig – und vielleicht häufig zu oberflächlich – bemühte ‹Erinnerungskultur› gebietet es, auch diejenigen Elemente und Dimensionen in das Narrativ der Augustinus-Rezeption aufzunehmen, die zu einer linearen Heils- und Heiligengeschichte quer stehen. Um es kirchenrechtlich zu wenden: Jedes Heiligsprechungsverfahren kennt aus gutem Grund die Rolle des ‹aduocatus diaboli›. Die Auswahl der Referate unseres Studientages versucht daher, die Geschichte des Verhältnisses von Christentum und Judentum mit ihrem Fokus auf Augustinus bewusst als ‹Problemgeschichte› aufzuzeigen – selbstverständlich in notwendiger Beschränkung auf einige ausgewählte Stationen.

    Wie tief und zäh weltanschauliche Konkurrenz und religiöse Geschwisterrivalität dazu neigen, in bleckenden Hass und blanke Gewalt umzuschlagen, lehrt uns auch und gerade ein Blick in unsere Gegenwart, zurzeit gottlob nicht mehr in Bezug auf Christentum und Judentum, vielmehr in Bezug auf die dritte monotheistische Religion, den Islam. Das friedlich-dialogische ‹Zusammen-Leben›, ‹Zusammen-Denken› und ‹Zusammen-Fühlen› unterschiedlicher Religionen ist offenbar alles andere als selbstverständlich, sondern stellt eine ständige zivilisatorische Kraftanstrengung, ja eine kulturelle Kunst dar, deren Vollendung wohl dem eschatologischen Gottesreich vorbehalten bleibt, wo der Löwe friedlich beim Lamm liegt, wo das Kind vor dem Schlupfloch der Natter spielt und wo – so dürfen wir ergänzen – die Zwillinge Jakob und Esau, ja selbst die Brüder Kain und Abel gemeinsam und einmütig ihren himmlischen Vater verehren. Frieden, ‹Shalom›, zwischen den Religionen ist fürwahr eine hohe, eine letztlich göttliche ‹Kunst›!

    Lassen Sie mich kurz das Stichwort ‹Kunst› aufgreifen: Nicht zuletzt die Kunst nämlich scheint es zu sein, die uns im schöpferischen Zusammenbringen von vermeintlich antagonistischen Gegensätzen einen Aufschein von ‹Shalom› zu vermitteln vermag. Der Augustinus-Studientag 2015, das Symposion «Augustinus – Christentum – Judentum», hat als sein Programmbild die 1943 entstandene ‹Kreuzigung in Gelb› von Marc Chagall gewählt – Sie haben das Bild auf unserer Leinwand vor Augen. Der jüdische Künstler Marc Chagall bringt die jüdische Tora, den leidenden Juden Jesus von Nazareth, das christliche Kreuzessymbol und die christlich mitverschuldete Judenverfolgung in eine künstlerische Einheit – eine Einheit freilich, die das Böse und das Schlimme nicht mit Goldfarbe übermalt, sondern in ihre hochkomplexe und hoch dialektische Synthesis hineinnimmt.

    Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich danke Ihnen im Namen aller Veranstalter von Herzen dafür, dass Sie hier und heute so zahlreich erschienen sind, um sich mit uns gemeinsam in dieser Kunst – in dieser ‹Lebens-Kunst› – zu üben: Gegensätze, Spannungen, Risse in der Kultur- und Religionsgeschichte unserer Menschenwelt wahrzunehmen, auszuhalten und in einen Rahmen zu bringen, der uns den punktuellen Aufschein eines geheilten Miteinanders gewährt. Für diese unsere kollektive ‹Kunst-Übung› wünsche ich uns allen ein gutes Gelingen im Zeichen von ‹Shalom› und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

    Ich darf nun vor dem Grußwort unseres hohen Gastgebers, Dr. Schuster, meinen Kollegen Dr. Grote zur Überreichung eines bescheidenen Gastgeschenkes nach vorne bitten.

  • 4D1A2111 internetProf. Dr. Cornelius Petrus Mayer OSA dankt dem ehemaligen Vorsitzenden der Gesellschaft zur Förderung der Augustinus-Forschung e.V., Dr. Thomas Goppel MdL. - Foto: Markus Hauck (POW)Ehrung von Dr. Thomas Goppel am 12.11.2015

    Verehrter Herr Staatsminister a.D., lieber Thomas,

    Exzellenz, Magnifizenz, sehr geehrter Herr Präsident Dr. Schuster, meine Damen und Herren!

    Gerne kam ich der Bitte der Veranstalter unseres Symposions nach, bei diesem 13. Augustinus-Studientag mit dem Rahmenthema Augustinus-Christentum-Judentum, bei dem die Gesellschaft zur Förderung der Augustinus-Forschung zugleich ihre Reverenz und ihren Dank gegenüber ihrem ehemaligen langjährigen Vorsitzenden, Herrn Staatsminister a.D. Dr. Thomas Goppel MdL, abstatten möchte, die Laudatio zu übernehmen, war ich doch zweifelsohne der größte Nutznießer dieser seiner Amtszeit und Amtsführung.

    Als Reinhold Vöth, sein Vorgänger in diesem Amt, im Jahr 1997 starb, bat mich dessen Gattin Emma, die drei Waschkörbe voller Kondolenzbriefe zu sondieren. Lebhaft erinnere ich mich noch an das anderthalb DIN A4 Seiten umfassende, inhaltlich wie sprachlich glanzvoll abgefasste Beileidsschreiben von Dr. Goppel: es gehörte zum Besten, was ich an Kondolenzbriefen bis dahin zu lesen bekam. Den muss ich für die Nachfolge des Verstorbenen zu gewinnen trachten, dachte ich, zumal er sich bereits Ende der 80er Jahre als Staatssekretär im Bayerischen Wissenschaftsministerium auf Vöths Bitte hin für die Finanzierung unseres von der Mainzer Akademie betreuten Augustinus-Lexikons einsetzte. Er hoffe, so schrieb er dem damaligen Vorsitzenden, ‹dass dieses wichtige Forschungsvorhaben in Würzburg – und das heißt doch: in Bayern verbleiben könne›.

    In meinem Werbebrief an ihn berief ich mich allerdings nicht allein auf seine Sympathie zu Reinhold Vöth, sondern auch auf die Bedeutung Augustins für das christliche Abendland. «Ihr von tiefer Religiosität geprägtes Schreiben an Frau Vöth», so argumentierte ich, «macht mir ... deutlich, wie sehr Ihnen die Verkündigung der Mitte unseres christlichen Glaubens ... ein Anliegen ist. Keiner unter den Theologen hat an dieser Mitte so festgehalten und sein ganzes Denken und Wirken auf sie hin so ausgerichtet wie der Kirchenvater Augustinus. Es dürfte kaum einen christlichen Denker gegeben haben, der das Abendland bis in die Gegenwart nachhaltiger beeinflusst und geprägt hatte als er».

    In seinem Antwortschreiben wehrte sich Dr. Goppel zunächst aufgrund der Vielfalt und Fülle seiner Aufgaben – inzwischen war er ja bereits von 1990-1994 Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten und von 1994-1998 gerade Staatsminister für Landesentwicklung und Umweltfragen –, dank jedoch der Mithilfe von Bürgermeister Dr. Adolf Bauer sagte er nolens-volens zu. Auf der Vollversammlung im Jahr 1997 übernahm er dann den Vorsitz unserer Gesellschaft.
    Diese hatte nunmehr einen Magnet: Die Zahl der Mitglieder schnellte in die Höhe, zu den Referenten auf den von da an stets gut besuchten Jahresvollversammlungen der Gesellschaft zählten Bischöfe und Kardinäle wie Lehmann aus Mainz, Professoren und Minister a.D. wie Hans Maier aus München – gelegentlich hielt Dr. Goppel die Festrede wie jene über Christ und Politik im Jahre 1999 selbst.

    Im gleichen Jahr noch wurde unser Vorsitzender – wohl aufgrund seiner rhetorischen Qualitäten – Generalsekretär der CSU. Die Frankfurter Allgemeine betitelte die Kolumne im politischen Teil ihrer Zeitung vom 18. Juni daraufhin knapp mit Eloquent. Ministerpräsident Stoiber, so hieß es darin, habe ‹keinen jungen Springinsfeld -Abgeordneten› ins Amt des Generalsekretärs berufen›, sondern einen ‹politischen Gesellschaftslöwen mit viel Erfahrung›, denn Thomas Goppel sei ‹kommunikativ›. Bereits als Staatssekretär und zweimaliger Minister habe er als ‹das am meisten reisende Kabinettsmitglied die eigene Eloquenz zu vervollkommnen getrachtet›. Nicht zuletzt dank dieser seiner Eloquenz habe Thomas Goppel ‹den Europawahlkampf der CSU im selben Jahr geleitet und ihr den 64%-Sieg gebracht›. Ich darf hinzufügen: Die Bundestagswahl 2002 endete mit 58,6%, und die Landtagswahl 2003 brachte mit 60,7% seiner Partei sogar die Zweidrittelmehrheit.

    Ich denke, meine Damen und Herren, diese seine Eloquenz ist es, die unseren ehemaligen Vorsitzenden auch mit Augustinus verbindet, war doch der Kirchenvater von Beruf Professor der Rhetorik, der bald nach seiner Bekehrung eine Enzyklopädie über die sogenannten Sieben freien Künste zu schreiben begann und die Kunst der Beredsamkeit, die zweite im Reigen, zeit seines Lebens pflegte. ‹Eloquenz›, so lehrte er, sei die Fähigkeit, das Gedachte und das Gefühlte im Reden und Schreiben überzeugend zur Sprache zu bringen. Eloquenz sei vorzüglich dort und dann einzusetzen, wo und wann immer es um das Rechte, um das Wahre, um das Gute und um das Schöne geht (Cresc. 1,2).

    Zum Beginn seines Episkopates verfasste Augustinus sodann sein epochales Werk Über die christliche Wissenschaft, das während des Mittelalters mit zu den meist behandelten Lehrbüchern nicht allein der Theologie, sondern auch der Philosophie zählte. Im Anschluss an Cicero heißt es darin, Aufgabe eines eloquenten Redners sei das ‹docere›, das Lehren, sodann das ‹delectare›, das Fesseln, und schließlich das ‹movere›, das zum Handeln Motivieren (doctr. chr. 4,27; Cic. orat. 69). Den Katecheten seiner Kirche erteilte er den Rat, ‹so zu lehren, dass der Belehrte aufgrund des Gehörten glaube, hoffe und liebe. Der inhaltlich wie auch rhetorisch vollendete Satz lautet im Latein: «Ita narra, ut ille cui loqueris audiendo credat, credendo speret, sperando amet –Erzähle, d.h. lehr so, dass jener, zu dem du sprichst, vom Hören zum Glauben, vom Glauben zur Hoffnung und von der Hoffnung zur Liebe gelange» (cat. rud. 8). Ein solcher Rat, gilt der – mutatis mutandis - unter Änderung des zu Ändernden – nicht für alle Disziplinen – inklusive der Politik?

    Ich darf zum Schluss nochmals auf die Meriten des langjährigen Vorsitzenden und zugleich Förderers unserer Projekte zurückkommen. Da es uns dank der Internetdomäne www.augustinus.de gelang, die interessierte Öffentlichkeit weltweit auf unsere Projekte aufmerksam zu machen, fasste ich diese unter dem Namen Zentrum für Augustinus-Forschung zusammen. Noch als Generalsekretär gab Dr. Goppel uns den Rat, dieses Zentrum an die Julius-Maximilians-Universität anbinden zu lassen. Die Anbindung fand am 6. April 2006 statt – Dr. Goppel leitete bereits das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Noch im selben Jahr regte die Leitung der Universität die Bildung eines Lenkungsausschusses für das Zentrum an. Dank dessen Initiative und Mitwirkung veranstaltet das Zentrum alljährlich zunehmend gut besuchte Blockseminare und Studientage zu attraktiven Themen der Theologie Augustins sowie zu deren Einfluss auf die abendländischen Gesellschaft wie dieses unser gegenwärtiges Symposion zur Problemgeschichte Christentum-Judentum.

    Verehrter Staatsminister a.D., lieber Thomas! Bei den Vorbereitungen dieses Symposions tauchte die Frage auch nach einem symbolträchtigen Geschenk für Dich, den zu Ehrenden auf. Wie ein ‹deus ex machina› brachte gerade um diese Zeit Henry Pabst, ein guter Bekannter, der sich als Entwicklungshelfer häufig in Afrika aufhält, diese vor dem Rednerpult ausgestellte Augustinus-Figur des Künstler Anatol Ziba vom Volk der Gurunsi in Burkina Faso, die Dr. Andreas Grote, der Redaktor käuflich erwarb. Alle mit Hilfe der in Afrika schon sechs Jahrhunderte bekannten Technik des sogenannten ‹verlorenen Gusses› hergestellte Figuren, erklärte er, seien strikte Unikate. Henry Pabst war es auch, der den Künstler in Deutschland bekannt machte. Joachim Kardinal Meisner erhielt dank seiner Vermittlung einen Bischofsstab mit dem leuchtenden Stern der Drei Könige in der Krümme, Walter Kardinal Kasper einen solchen mit der Abbildung des hl. Martin, als er noch Bischof von Rottenburg-Stuttgart war, und Paul Werner Scheele, Bischof em. in Würzburg einen mit der Figur des seligen Liborius Wagner.
    Über Henry Pabst erteilten wir nun dem Künstler in Afrika den Auftrag zu einer neuen figürlichen Darstellung Augustins als des großen Theologen und eloquenten Redners der Christenheit, mit dem Dich, wie dargelegt, Deine Eloquenz verbindet. Mit dieser Figur, die leider noch nicht ankam, will also sowohl die Leitung des Zentrums für Augustinus-Forschung als An-Institut der Universität Würzburg wie auch der Vorstand der Gesellschaft ihren Dank und ihre Reverenz gegenüber Deiner langjährigen vielseitigen und mustergültigen Förderung aller ihrer Projekte zum Ausdruck bringen. Persönlich sage ich für all Deine Meriten – wie in Bayern üblich – ein herzliches Vergelt’s Gott.

    Cornelius Petrus Mayer OSA

  • Tagungsbericht

    Jenseits von Schwarz-Weiß

    Augustinus-Studientag befasst sich mit Verhältnis von Christentum und Judentum. Ein Bericht der überregionalen katholischen Zeitung Die Tagespost. Von Regina Einig

    Weiterlesen ...
  • Donnerstag, 12. November 2015

    Jüdisches Kulturzentrum Shalom Europa
    (Valentin-Becker-Straße 11, 97072 Würzburg)

    18.00 Uhr s.t.

    Führung durch das Jüdische Museum Shalom Europa
    Prof. Dr. Dr. Karlheinz Müller (Würzburg)

    Weiterlesen ...
  • Ehrlicher und konstruktiver Umgang

    Neutestamentler Ebner deutet Kritik an Pharisäern bei Matthäus als Spiegel für Autoritäten der frühchristlichen Gemeinde – Auftakt zum Augustinus-Studientag des ZAF zum Thema „Augustinus – Christentum – Judentum“ – Lob für langjährigen Fördervereinsvorsitzenden Dr. Thomas Goppel. Von Markus Hauck

    Würzburg (POW) Mit einem Festvortrag von Professor Dr. Martin Ebner, Inhaber des Lehrstuhls für die Exegese des Neuen Testaments der Universität Bonn, ist am Donnerstagabend, 12. November, im Würzburger Jüdischen Gemeindezentrum „Shalom Europa“ der 13. Augustinus-Studientag des Zentrums für Augustinusforschung (ZAF) gestartet. Die zweitägige Veranstaltung steht unter dem Motto „Augustinus – Christentum – Judentum“ und ist dem Landtagsabgeordneten Staatsminister a.D. Dr. Thomas Goppel gewidmet. Professor em. Dr. Cornelius Petrus Mayer, langjähriger wissenschaftlicher Leiter des ZAF, würdigte den langjährigen Vorsitzenden der Gesellschaft zur Förderung der Augustinus-Forschung als den entscheidenden Motor. „Ihm ist es zu verdanken, dass das ZAF im Jahr 2006 als An-Institut der Würzburger Universität angeschlossen worden ist.“ Außerdem verbinde dessen außerordentliche Eloquenz Goppel mit dem Kirchenvater Augustinus, betonte Mayer. Goppel dankte für die Ehre und lobte das Thema des Studientags. „Die heutige theologische Forschung sucht die Gemeinsamkeiten zwischen Juden und Christen. Das ist richtig und wichtig, denn wir sind aufgerufen, uns miteinander in der Welt zu bewähren.“

    In seinem Referat untersuchte Ebner die oftmals als judenfeindlich interpretierte harsche Kritik an den Schriftgelehrten und Pharisäern im Matthäusevangelium. Der Exeget deutete die Textstelle als Spiegel für die Autoritäten innerhalb der christlichen Gemeinde: Diese seien prestigesüchtig, stellten schwer zu haltende Vorschriften auf, hielten sich aber selbst nicht dran – und seien zudem nicht bereit, untragbare religiöse Vorschriften zu verändern. „Der Evangelist schildert ‚die anderen‘ – und meint die eigenen Leute.“ Matthäus fordere also die für die Regulierung des religiösen Lebens in der christlichen Gemeinde Zuständigen zur Selbstkritik und zu einer Umkehr in ihrem Verhalten auf: Sie sollten geschwisterlich miteinander umgehen und ethische Entscheidungen treffen, die für die Menschen in ihren konkreten Situationen „brauchbar“ seien. „Der beste Beleg dafür ist für den Evangelisten Jesus selbst, in seinem Verhalten und in seinen religiösen Entscheidungen: ‚Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer‘ ist Jesu Maxime, mit der dieser sich auf den Propheten Hosea beruft“, betonte Ebner.

    Nach der Begrüßung durch Bürgermeister Dr. Adolf Bauer, Vorsitzender des Trägervereins des ZAF, wies Professor Dr. Dr. Christof Müller, wissenschaftlicher Leiter des ZAF, darauf hin, dass Augustinus nicht der gehässigste, aber einer der gelehrtesten und einflussreichsten Kritiker des Judentums sei. „Die Tagung dient unter anderem dem Zweck, Spannung und Risse wahrzunehmen – und auszuhalten.“ Dr. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland und als Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde Würzburg und Unterfranken Gastgeber des Abends, betonte, durch das 50. Jubiläum der Konzilserklärung „Nostra Aetate“ über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen sei ein neues Kapitel in den christlich-jüdischen Beziehungen aufgeschlagen worden. Der neue Umgang stehe in einem deutlichen Kontrast zum Blick, den Augustinus einst auf die Juden geworfen habe. Dieser habe sie als wilde und grausame Gottesmörder bezeichnet, die zur ewigen Knechtschaft bestimmt seien. Auch der Reformator Luther habe 1543 in seinem Werk „Von den Jüden und iren Lügen“ einen ähnlichen Duktus vertreten.

    Bischof Dr. Friedhelm Hofmann, neuer Vorsitzender des Kuratoriums der Gesellschaft zur Förderung der Augustinus-Forschung, betonte, er sei sehr dankbar für das Thema des Studientags. Es gebe eine Schuldgeschichte des Christentums gegenüber den Juden. Die verhängnisvolle Feindschaft, die bis in das frühe Christentum zurückreiche, habe ihren schrecklichen Höhepunkt in der systematischen Vernichtung der europäischen Juden durch die Nationalsozialisten gefunden. „Ich bin froh, dass die Christen sich heute ihrer inneren Verwandtschaft mit dem Judentum bewusst sind“, erklärte der Bischof. Insbesondere in Deutschland seien diese sich heute ihrer besonderen Verantwortung bewusst. Bischof Hofmann lobte das große Engagement, das insbesondere Papst Johannes Paul II. im Dialog mit den Juden gezeigt habe.

    Universitätspräsident Professor Dr. Alfred Forchel bezeichnete in seinem Grußwort das ZAF als lokalen Schatz von Würzburg und „wissenschaftlichen Leistungsträger auf dem Feld der katholischen Theologie“. Für den Bezirk überbrachte Vizepräsidentin Eva Maria Linsenbreder Grüße. Hochschulpfarrer Burkhard Hose, Katholischer Vorsitzender der Gesellschaft für jüdisch-christliche Zusammenarbeit in Würzburg und Unterfranken, betonte, es gehe um die Kontextualisierung des Verhältnisses von Judentum und Christentum. Die an der Stelle der früheren Synagoge errichtete Marienkapelle am Würzburger Markt und das Juliusspital auf dem Gelände des jüdischen Friedhofs wiesen auf dunkle Kapitel der Geschichte hin. „Wichtig ist, dass wir ehrlich und konstruktiv miteinander umgehen.“ Ähnlich äußerte sich der Landtagsabgeordnete Oliver Jörg, Vorsitzender des Arbeitskreises Wissenschaft und Kunst der CSU-Landtagsfraktion: „Uns verbindet viel.“

    Für die musikalische Gestaltung des Abends sorgte der Chor „Menora“. Professor em. Dr. Dr. Karlheinz Müller, wissenschaftlicher Leiter des Projekts „Shalom Europa“, führte zum Auftakt des Abends Interessierte durch das gleichnamige Museum.

    mh (POW)

    Quelle: www.pow.bistum-wuerzburg.de