ZENTRUM FÜR AUGUSTINUS-FORSCHUNG

AN DER JULIUS-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT WÜRZBURG

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Fecisti nos ad te, domine, et inquietum est cor nostrum donec requiescat in te.

Confessiones 1,1

Geschaffen hast du uns auf dich hin, o Herr, und unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir.

Bekenntnisse 1,1

Jahresvollversammlung der
Gesellschaft zur Förderung der Augustinus-Forschung e.V.

Würzburg, Exerzitienhaus Himmelspforten, 28. Juni 2014

  • Das Zentrum für Augustinus-Forschung in Würzburg – dank der Gesellschaft – ein Mekka der an der Person und am Werk des Kirchenvaters interessierten Öffentlichkeit

    Ein Bericht

    Cornelius Petrus Mayer OSA

     

    Leitfaden

    01. Die These und die drei Teile des Referates

    Teil I

    02. Der Start des Augustinus-Lexikons und die gleichzeitige Gründung des Fördervereins Freunde des Augustinus-Lexikons e.V.
    03. Die Umbenennung dieses Fördervereins in Gesellschaft zur Förderung der Augustinus-Forschung e.V.

    Teil II

    04. Der Plan zur Erstellung eines EDV -Textes aller Werke Augustins (EDV: elektronische Datenverarbeitung)
    05. Die Erstellung eines KWIC in Gießen und Würzburg (KWIC: Key Word in Context: Schlüsselwort im Kontext)
    06. Der nicht lemmatisierte KWIC und dessen Lemmatisierung mit Hilfe des Fördervereins (Lemma: Grundform des Wortes)
    07. Das Corpus Augustinianum Gissense (CAG) auf CD-ROM (CAG: Gießener Augustinus-Text; CD-ROM: Compact Disc Read-Only Memory: physikalischer Permanentspeicher für digitale Daten)
    08. Die EDV-Dokumentation auch der Sekundärliteratur über Augustinus
    09. Die Domain im Internet www.augustinus.de (Domain: Präsenz der Projekte der Augustinus-Forschung im Netz des Internet)
    10. Der Name Zentrum für Augustinus-Forschung und die Anbindung dieses Zentrums an die Universität Würzburg
    11. Das Augustinus-Lexikon auf dem Internationalen Kongress 1986 in Rom anlässlich der 1600jährigen Feier der Bekehrung Augustins
    12. Das Augustinus-Lexikon und das CAG in den Medien
    13. Die Weiterarbeit an den Projekten des CAG 2 und CAG 3 sowie am Augustinus-Zitatenschatz – 6. Auflage als eBook
    14. Blockseminare, Studientage und Publikationen des Zentrums
    15. Würzburg ein ‹Mekka der Augustinus-Forschung›

    Teil III

    16. Dank an die Mitarbeiter
    17. Der bisherige Kostenaufwand für die Projekte insgesamt
    18. Pläne des Zentrums für die Zukunft und dessen Dank für bisherige Sympathien und Leistungen an die Gesellschaft

     

    Festvortrag

    Sehr verehrte Mitglieder unserer Gesellschaft,
    liebe Freundinnen und Freunde unseres Zentrums,
    meine Damen und Herren!

    Unsere Gesellschaft zur Förderung der Augustinus-Forschung ist also 35 Jahre alt und ich wurde 85 – und Pensionär. Als solcher habe ich Zeit, über die Leistungen dieser Gesellschaft, der ich sehr, sehr viel verdanke, nachzudenken. Das Zentrum für Augustinus-Forschung – so die These meines Festvortrags – verdankt ihr weltweites Renommee nicht zuletzt ihr, der Gesellschaft zur Förderung der Augustinus-Forschung.

    Mein Vortrag hat drei Teile: In einem ersten kürzeren wird es um einen geschichtlichen Überblick der Gesellschaft gehen; in einem zweiten längeren um jene Leistungen, die das Zentrum dank erst der finanziellen Hilfen der Gesellschaft zu einem Mekka der Augustinus-Forschung gemacht haben; im dritten um meinen und meiner Mitarbeiter Dank an die Gesellschaft für deren dem Zentrum erwiesenen Zuwendungen und Sympathien.

    Ad 1

    Als ich mich 1975 mit der Idee, ein Augustinus-Lexikon zu edieren, an die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) wandte, gab es dort über die Förderungswürdigkeit dieses internationalen Langzeitprojektes zwar keinen Zweifel, dessen personelle wie finanzielle Ausstattung ließ jedoch schon bei seinem Start im Jahr 1979 erhebliche Wünsche übrig. Damit ich mich bei diesen zu erwartenden finanziellen Engpässen nicht ständig um zusätzliche Geldquellen bemühen müssen würde, riet mir ein Kollege aus dem Herausgebergremium des Lexikons zur Gründung eines Fördervereins. Mit diesem Rat wandte ich mich an meinen Klassenkameraden und Freund Reinhold Vöth, den damaligen Intendanten des Bayerischen Rundfunks. Noch am 29. Mai 1979 haben wir in Anwesenheit von zehn Personen den Förderverein mit dem Namen Freunde des Augustinus-Lexikons gegründet und Reinhold Vöth zum Vorsitzenden gewählt. Er war es auch, der die Ehemaligen der Abituria Münnerstadt 1949 bei ihrem Treffen im gleichen Jahr zur Mitgliedschaft einlud und ermunterte. Von dieser Klasse, von der bereits weit über die Hälfte verstorben ist, gehören über ein Dutzend immer noch zu den Mitgliedern unserer Gesellschaft.

    Mitte der 80er Jahre stieß dann bei einer Mitgliederanzahl von ca. 50 Personen der Finanzdirektor der Diözese Würzburg und Stadtrat Dr. Adolf Bauer zum Förderverein. Freunde des Augustinus-Lexikons, so meinte er, klinge zu familiär, zu anspruchs-, zu bedürfnislos. Er optierte für eine Gesellschaft, und zwar mit einer Vereinssatzung, einem veritablen Vorstand und einem beachtlichen Kuratorium. Die Gründung erfolgte 1988, worauf sich die Anzahl der Mitglieder in den 90er Jahren tatsächlich auf weit über hundert steigerte. Das Verlagshaus Schwabe & Co. – übrigens das älteste der Welt, in dem das Augustinus-Lexikon erscheint und das bereits im Jahr 1506 die erste Gesamtausgabe aller Werke Augustins auf den Markt brachte –, druckte uns den ansehnlichen Prospekt mit dem Titel: Gesellschaft zur Förderung der Augustinus-Forschung e.V. Ziele, Leistungen und Aufgaben eines internationalen geisteswissenschaftlichen Langzeitprojektes.

    Ostern 1997 starb überraschend Reinhold Vöth. Es gelang uns, Dr. Thomas Goppel, MdL als Nachfolger zu gewinnen. Dr. Goppel lernte schon Anfang der 90er Jahre als Staatssekretär im Wissenschaftsministerium das Lexikonprojekt kennen, für dessen anteilmäßige Finanzierung durch den Freistaat Bayern bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz er sich – worum Vöth ihn bat – erfolgreich einsetzte. Auf der Vollversammlung 1997 wurde er einstimmig zum Vorsitzenden der Gesellschaft gewählt, deren Zahl seitdem auf etwa 250-280, vorübergehend sogar auf 300 Mitglieder anwuchs.

    Ad 2

    Wie erwähnt, flossen die Gelder der DFG von Anfang an keineswegs üppig. Ende der 70er Jahre verteilten wir die mit dem Buchstaben ‹A› beginnenden Artikel des ALs an dafür qualifizierte Autoren in aller Welt, von denen aber der für ‹Angelus› also für ‹Engel› ins Auge gefasste Autor seine Zusage an eine Bedingung knüpfte: wir sollten ihm ein Drittel aller in den Schriften Augustins vorkommenden ‹angelus›-Stellen sozusagen auf den Tisch legen. Wen sollte ich nun damit beschäftigen, den einzigen uns genehmigten Redaktor oder die insgesamt auf etwa 150 Stunden im Monat begrenzten Hilfskräfte? Damals hörte ich jedoch zum ersten Mal von der Möglichkeit einer Erstellung elektronisch erfasster und abrufbarer sogenannter EDV-Texte. Nach eingehenden Informationen beantragte ich bei der DFG zusätzliche Gelder zur Schaffung eines solchen Text-Corpus aus allen Werken Augustins. Die Verhandlungen darüber nahmen mehr als ein Jahr in Anspruch. 1981 erhielt ich dafür eine halbe Million DM allerdings mit der Auflage genehmigt, diesen beantragten EDV-Text binnen zweier Jahre fertig zu stellen und dann unverzüglich zur Arbeit am Lexikon zurückzukehren.

    Inzwischen bekam ich einen Ruf an die Justus-Liebig Universität Gießen. Bei den Verhandlungen über die Ausstattung meiner Professur äußerte der Universitätspräsident Karl Alewell den Wunsch, das DFG-Projekt AL am Fachbereich der Theologie zu etablieren, denn die Gießener Universität – so sein Argument – sei kopflastig in Naturwissenschaften, damit sie aber dem Anspruch auf eine auch die Geisteswissenschaften repräsentierenden Hochschule, also dem Anspruch auf eine ‹universitas scientiarum et litterarum› gerecht werde, sei sie auf Projekte wie das AL – dazu noch von internationalem Zuschnitt – angewiesen. Jedoch allein schon aus Gründen einer an der Universität Gießen nicht vorhandenen Fachbibliothek über Augustinus musste ich solches Ansinnen ablehnen. Ich wurde dennoch räumlich wie personell großzügigst ausgestattet, und so gelang es uns, dank der Zusammenarbeit mit den Angestellten sowohl in Gießen wie auch der Redaktion in Würzburg, dank aber auch insbesondere der Gelder vom Förderverein, mit denen wir genügend zusätzliche Hilfskräfte finanzieren konnten, den sogenannten KWIC (Key word in context) im Rechenzentrum der Universität Würzburg binnen zweier Jahre zu erstellen. Die Ergebnisse – die Medien inklusive das Fernsehen berichteten darüber – stellten unsere Erwartungen in den Schatten. Nahezu täglich trafen aus aller Welt Bitten um Auskünfte und Nachweise über einschlägige Texte ein. Dazu folgende Kuriosität: Gerade um jene Zeit zitierte der damalige USA-Präsident Ronald Reagan in einer seiner Ansprachen Augustinus. Prompt traf aus Washington die Bitte um Auskunft über die Stelle dieses Zitates in Gießen ein.

    Der von uns geschaffene KWIC hatte indes eine Schwäche: er war nicht lemmatisiert; d. h. man musste bei der Suche eines Wortes dessen sämtliche grammatikalische Fälle und Personen eingeben, die bei einem Zeitwort bekanntlich weit über hundert sein können. Diese Aufgabe der Zuordnung von Fällen und Personen auf eine Grundform war im Hinblick auf die zahlreichen Homographen im Latein (gleiche Worte mit verschiedenen Bedeutungen) maschinell nicht zu erledigen; sie musste von dazu befähigten Kennern des Lateins manuell bewältigt werden. Alle meine Versuche, bei der DFG auch dafür Gelder locker zu machen, scheiterten. Ich wollte jedoch – die Vorteile einer Lemmatisierung ahnend und einschätzend – auf diese Veredelung unseres KWIC nicht verzichten.

    Die Hilfe kam nun abermals vom Förderverein, denn Reinhold Vöth, den ich erneut um Hilfe bat, setzte sich dafür ein und auch die Deutsche Bischofskonferenz unter der Leitung von Karl Lehmann, damals schon Bischof von Mainz und Mitglied auch unserer Gesellschaft – finanzierte eine halbe Mitarbeiterstelle für längere Zeit. Und weil die Universität Gießen uns nicht nur genügend studentische Hilfskräfte aus der Klassischen Philologie, sondern selbst auch noch – eine Fachkraft in ihrem Rechenzentrum dafür zur Verfügung stellte, nannte ich den gerade zu meiner Emeritierung im Jahr 1996 auf einer CD-ROM publizierten Text: Corpus Augustinianum Gissense.

    Parallel zu diesem EDV-Text lieferten wir der Fachwelt ein weiteres viel begehrtes Instrument der Forschung: die EDV-Dokumentation der Sekundärliteratur über Augustins Person und Werk. Die Epochen übergreifende Wirkungsgeschichte dieses Kirchenvaters schlägt sich nämlich nicht zuletzt in einer auf etwa 50.000 Titel geschätzten Sekundärliteratur nieder. In den rund 1.200 Artikeln von unterschiedlicher Länge des Lexikons bemühen wir uns, die Person und das Werk Augustins zu erschließen. Nun gibt es so gut wie zu allen Themen dieser 1.200 Lexikon-Artikel Mengen an Sekundärliteratur, die insgesamt Jahr für Jahr immer noch um rund 200-300 Titel zunimmt. Diese Flut an Literatur wurde von Fachkräften – zur Zeit vom Dipl. Theol. Guntram Förster – auf die Artikelliste des AL hin aufgeschlüsselt erfasst und dokumentiert, wofür ausschließlich abermals die Gesellschaft aufkam und immer noch aufkommt. Ähnlich dem EDV-Text der Werke Augustins ist auch die EDV-Dokumentation über seine Sekundärliteratur ein vielbegehrtes Instrument der Augustinus-Forschung geworden. Ja, zunehmend häufig werden uns einschlägige Publikationen von den Verlagen kostenlos zugeschickt, und zwar offensichtlich deshalb, weil deren Aufnahme in unser Internetverzeichnis die beste Reklame zu werden verspricht.

    Apropos Internet: Zu meinem 70. Geburtstag im Jahr 1999 schenkte uns die Firma Makrolog GmbH in Wiesbaden, die uns die technische Herstellung des CAG besorgte, die Domain, den Zugang für den Teilbereich im Internet: www.augustinus.de. Darin konnten wir nunmehr nicht nur die Fachwelt, sondern auch die interessierte Öffentlichkeit über alle unsere Projekte und deren Ergebnisse weltweit informieren. Die Zahl der ‹user›, der Nutzer dieser unserer Domain, stieg im Laufe eines Jahrzehnts laut Statistik rapide auf 5-6.000 Besucher täglich aus 60-80 Ländern im Monatsdurchschnitt an. Dieses überwältigende Interesse veranlasste mich Anfang der 90er Jahre, sämtliche Projekte unserer Forschungen, das Lexikon, das CAG, die Literaturerfassung und die sonstigen Dienstleistungen unter dem Namen Zentrum für Augustinus-Forschung zusammenzufassen. Zugleich schlug ich vor, diesem Zentrum den Status eines e.V. verleihen zu lassen, was dann dank der Initiative von Dr. Adolf Bauer durch die Gründung dieses Vereins und seine Wahl zu dessen Vorsitzendem am 29. 6. 2005 geschehen ist. Dr. Goppel war es wieder, der um die gleiche Zeit eine Anbindung dieses Zentrums an die hiesige Universität empfahl, zumal die Universitätsleitung selbst auf die Bedeutung des Zentrums in der Fachwelt aufmerksam geworden den Plan eines solchen Vorhabens begrüßte. Während der Amtszeit von Dr. Goppel als Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Freistaats Bayern wurde am 20. 3. 2006 dem Zentrum für Augustinus-Forschung die Stellung eines An-Instituts an der Universität Würzburg verliehen. Ein aus Professoren verschiedener geisteswissenschaftlicher Fakultäten der Universität und aus den Mitarbeitern des Zentrums bestehender Lenkungsausschuss organisiert seitdem unsere Arbeit an der Hochschule und wirkt daran auch effektiv mit.

    Inzwischen kam das AL ins Visier auch der Öffentlichkeit und dies trug nicht wenig zum Ruf aller unserer Projekte bei. Vom 15.-20. September 1986 gedachte die Fachwelt der Bekehrung Augustins vor 1600 Jahren mit einem Congresso Internationale im Institutum Patristicum Augustinianum des Augustinerordens zu Rom, an dem rund 300 Gelehrte aus etwa 100 Universitäten in aller Welt teilnahmen. Erst einige Tage vorher konnten wir am 28. August hier in Würzburg die Präsentation des ersten Doppelfaszikels des Augustinus-Lexikons begehen. So war das Lexikon bei diesem Kongress in Rom zugleich ein willkommenes Präsent an Papst Johannes Paul II., der die Versammlung mit einigen Kardinälen und Bischöfen – darunter auch Kardinal Ratzinger – besuchte. In seiner Festrede würdigte der Papst die dominierende Rolle Augustins für die Theologie und die Spiritualität der Kirche, dankte zugleich den versammelten Gelehrten für ihre Arbeit und ermunterte sie zu weiteren intensiven Forschungen über den vielleicht einflussreichsten Gelehrten des christlichen Abendlandes.

    Es dauerte nicht lange, bis die ersten Rezensionen über das Lexikon erschienen – die ausführlichste von 34 Seiten in den renommierten Göttingische Gelehrte Anzeigen unter Aufsicht der Akademie der Wissenschaften von dem Altphilologen Prof. Wolfgang Hübner. Inzwischen liegen weit über 200 in mehreren Sprachen vor. Aber nicht nur Fachorgane, sondern auch die Medien, Rundfunk und Fernsehen, Wochen- und Tageszeitungen informierten darüber. «In der Fachwelt», so hieß es z. B. in Christ in der Gegenwart (1986, 38, S. 155-188) «spricht man von einer Pionierleistung. Erstmals soll das riesige theologische und philosophische Werk des Bischofs und Kirchenlehrers Augustinus, dieses genialen Denkers, scharfen Dialektikers, begabten Psychologen von seltener religiöser Glut, des großen theologischen Wegweisers der lateinischen Kirche am Ausgang des Altertums wissenschaftlich erschlossen werden». Die Rezensionen insgesamt einhellig positiv überschlagen sich nicht selten in Lob und Anerkennung. Die jüngste 52 Seiten umfassende erschien in der Wiesbadener Anthologie in diesem Jahr von Günter Stahl.

    Nicht viel anders verhielt es sich mit den Rezensionen zum CAG. Das erste Mal in ihrer 120jährigen Geschichte, so hieß es in der von Hans-Ulrich Delius in der Theologischen Literaturzeitung aus dem Jahr 1997 (122,3, 297-307), wende sich diese Literaturzeitung dem doch relativ neuen elektronischen Medium zu, und sie tue dies deshalb so ausführlich, weil solche Publikationen künftig aller Wahrscheinlichkeit nach auch in den Geisteswissenschaften eine die Forschung bestimmende Rolle spielen dürften. «Das Corpus Augustinianum Gissense auf CD-ROM», so heißt es wörtlich weiter, «umfasst in der nun vorliegenden 1. Auflage das gegenwärtig mehr als 5 Millionen Wörter zählende und linguistisch aufbereitete vollständige literarische Werk Augustins. In dem jeweils aus den besten kritischen Editionen zusammengestellten Basistext wurden sämtliche Zitate ihrer Herkunft nach gekennzeichnet. Das CAG verfügt bereits über einen lemmatisierten Index. Darüber hinaus gibt es aber zusätzlich noch Auskunft über rund 20.000 Titel Sekundärliteratur – inzwischen sind es 34.000 Titel –, die nach dem Stichwortverzeichnis des Augustinus-Lexikons erschlossen sind. Diese Bibliographie ist für manche Benutzer sicher sogar noch wichtiger und bedeutender als das CAG, weil auch hier die Suchfunktion überwältigend ist – überwältigend in ihrer Einfachheit, Treffsicherzeit und Akribie» (Sp. 298). Gegen Ende der Rezension heißt es: «Die CD-ROM des Corpus Augustinianum Gissense ist ein absolutes Muss zunächst einmal für alle wissenschaftlichen Bibliotheken, ... dann aber auch für den Wissenschaftler, der sich mit dem Kirchenvater Augustin beschäftigt oder beschäftigen will» (Sp. 307).

    Es bleibe nicht unerwähnt, dass der Verkauf dieser Erstauflage des CAG im Laufe eines Jahrzehnts 500.000 DM ein Drittel davon also 150.00 DM an Einnahmen für unser Zentrum, erzielte – Einnahmen, die für die Weiterarbeit an den Projekten dringend benötigt wurden, da nach meiner Emeritierung in Gießen die von der Universität dotierten Stellen: Sekretärin, Assistent und die zahlreichen Hiwis entfielen. Christof Müller, mein letzter Assistent dort, nunmehr Professor für Fundamentaltheologie an der Universität hier in Würzburg und als mein Nachfolger Leiter des Zentrums, lernte die Projekte sozusagen von der Pike auf kennen. Deshalb lud ich ihn ein, nach Würzburg mitzukommen, wo er zunächst stundenweise arbeitete und ebenfalls von der Gesellschaft entlohnt wurde. Auf alle Fälle führten wir dank der Spenden der Gesellschaft die Arbeiten an den Texten des CAG sowie an der elektronischen Literaturerfassung in Würzburg mit der gewohnten Intensität weiter. Bereits 2004 erschien das CAG 2 mit einem vom Schwabe-Verlag gedruckten höchst ansehnlichen, unserem Präsidenten Thomas Goppel gewidmeten Handbuch in deutscher, englischer, französischer und spanischer Sprache. Vor zwei Jahren erst haben Christof Müller und Guntram Förster, unser versierter EDV-Techniker, bereits das CAG 3 – nunmehr über das Internet – auf den Markt gebracht.

    Neben dem CAG flossen dem Zentrum Einnahmen noch von einem Zitatenschatz Augustins zu, der inzwischen in 5 stets erweiterten Auflagen verkauft wurde und der nunmehr in seiner 6. Auflage dank der Vermittlung von Dr. Adolf Bauer als eBook über den Robert Krick Verlag GmbH + Co KG in Eibelstadt zum Kauf angeboten werden soll. Guntram Förster wird diese neueste Version beim Bericht des Zentrums kurz vorstellen.

    Es bleibe ferner nicht unerwähnt, dass das Zentrum für Augustinus-Forschung seit seiner Anbindung an die Universität in den Wintersemestern jeweils gut besuchte Blockseminare und in den Sommersemestern Studientage mit namhaften Referenten aus dem In- und Ausland über augustinische Themen veranstaltet. So hieß z.B. das Rahmenthema des vor einem Monat stattgefundenen Studientages: Kommunikation und Publikation. Zu Form und Funktion des Briefes in paganer und christlicher Antike. Die Referate dieser Studientage werden in der eigenen wissenschaftlichen Reihe des Zentrums mit dem Namen Res et signa in der Regel mit finanzieller Hilfe auch der Gesellschaft publiziert.

    Bei all dieser Publicity war es kein Wunder, dass vor einigen Jahren selbst die politische Leitung der Stadt Würzburg auf unsere Aktivitäten in der Fachwelt aufmerksam wurde, und der Oberbürgermeister Georg Rosenthal den Leiter des Zentrums für Augustinus-Forschung mit der Verleihung des Tanzenden Schäfers auszeichnete. Ich nahm diese Auszeichnung für alle Mitglieder des Zentrums entgegen. Bei meiner Dankesrede nannte ich Würzburg im Blick auf die breite Resonanz unserer Projekte in der Fachwelt ein Mekka der Augustinus-Forschung.

    Um die gleiche Zeit äußerte sich auch Papst Benedikt XVI., bekanntlich einer der ausgewiesensten Kenner und Verehrer Augustins, in einem offenen Brief ebenfalls höchst anerkennend über unsere Arbeit. «In den siebziger Jahren», so Papst Benedikt, dem ich als Dogmatiker damals noch kollegial verbunden war, «ist in Ihnen der Wunsch gereift, ein Augustinus-Lexikon zu schaffen und damit das geistige Erbe des Heiligen noch besser zugänglich zu machen. Als die ersten Faszikeln erscheinen konnten, war ich schon als Präfekt der Kongregation für Glaubenslehre in Rom tätig und längst nicht mehr imstande, eigentliche Forschungsarbeit zu leisten. Sie haben mir damals tröstend gesagt, die Arbeit am Lexikon werde sich so lange hinziehen, dass ich in meinem Ruhestand Zeit dafür finden werde, einige Beiträge zu schreiben. Wie gern hätte ich das getan! Nun, das war offenbar von der Vorsehung nicht gewollt. Umso mehr gehöre ich mit Freude zu den Benutzern dieses großartigen Werkes, das ich immer wieder zur Hand nehme und von dem ich immer neu lerne».

    Ad 3

    Mit 85 sei ich endlich Pensionär geworden, sagte ich eingangs. De facto zog ich mich bereits mit 80, wissend und spürend, dass das Leben hier endlich ist, nach und nach aus der Leitung des Zentrums zurück. Blicke ich auf die vergangenen 35 Jahre zurück, so habe ich allen Grund dankbar zu sein. Mein Dank gilt zunächst meinen Mitarbeitern, sie haben sich nämlich die Projekte, an denen sie mitwirkten und mitwirken, und an deren Renommee sie den gleichen, wenn nicht gar größeren Anteil haben, zu eigen gemacht. Neben den bereits erwähnten Christof Müller und Guntram Förster waren und sind dies: die Mitherausgeber des Lexikons, die Redaktoren mit ihren Hiwis – seit einem anderthalb Jahrzehnt hat Dr. Andreas Grote diese Stelle inne –, Öffentlichkeitsarbeit erledigt Christl Scheler, die Verwaltung Christine Schneider. Bei Frau Ingrid Hemberger bedanke ich mich für die Erstellung der jährlichen Gewinn- und Verlustrechnungen der Gesellschaft und bei den Herren Bernhard und Dietmar Müller für die Kassenprüfung. Zu danken habe ich noch den Mitgliedern des Lenkungsausschusses, den Kollegen Michael Erler, Karl Mertens, Dominik Burkard, Christian Tornau und Jörn Müller.

    Weil mein Festvortrag den Charakter eines Berichtes hat, will ich den bisherigen Aufwand der Kosten für die Augustinus-Forschung wenigstens erwähnen, zumal ich diesen bei einer Sitzung des Vorstands am 20. März 2012 von 1975 bis 2012 detailliert darzustellen hatte. Dazu ebenfalls eine Episode: Bei der Begrüßung der Teilnehmer eines Internationalen Symposions über den Stand der Augustinus-Forschung im Jahr 1987 an der Universität Gießen sagte ich, das Lexikonprojekt werde nach Einschätzung der DFG immerhin zehn Millionen DM kosten. Darauf erwiderte der damalige Präsident der Universität in seiner Begrüßung: ‹Ach, Herr Kollege Mayer, was sind schon zehn Millionen DM? Verunglückt ein Starfighter, so kostet dies dem Steuerzahler hundert Millionen› – bekanntlich verunglückten in jenen Jahren weit über hundert dieser ‹Sternenkämpfer›! Und übrigens: fallen die Kosten für geisteswissenschaftliche Projekte im Verhältnis zu solchen der Naturwissenschaften nicht bescheiden aus? Gewiss, von denen der Naturwissenschaften lebt die Gesellschaft, lebt der Staat. Was aber wäre die Gesellschaft und der Staat ohne Literatur, ohne Kunst etc. – ohne die Geisteswissenschaften?

    Nun also: Die Summe der Ausgaben für alle unsere Projekte lautete vor zwei Jahren: 9.079.883 DM = 4.539 941 50 €. Geldgeber waren: die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur mit dem Bund und dem Freistaat Bayern, die Deutsche Augustiner-Ordensprovinz, die Justus-Liebig-Universität Gießen, die Deutsche Bischofskonferenz und last but not least die Gesellschaft zur Förderung der Augustinus-Forschung e.V. – die Summe ihrer Spenden beliefen sich damals auf 921.309,00 € – in diesem Jahr dürften von der Million nicht mehr viel fehlen.

    Hätten wir unsere Aktivitäten allein auf das Lexikon allein beschränkt, wären wir der Bezeichnung Zentrum für Augustinus-Forschung schwerlich gerecht geworden, Würzburg wäre dann auch nicht dessen Mekka. Vieles deutet darauf hin, dass dies so bleiben könnte. In absehbarer Zeit nämlich – nach Fertigstellung des Lexikons – wird das Zentrum unter der wissenschaftlichen Leitung von Christof Müller sich weiteren, die Person Augustins erhellenden Projekten zuwenden. Dessen Werk nicht nur der Fachwelt, sondern all denen zugänglich zu machen, die keinen unmittelbaren Zugriff zu seinen Quellen haben, verdient auch in Zukunft Ihre Sympathie und Ihre Hilfen in der Gesellschaft für Augustinus-Forschung. Ich jedenfalls bedanke mich für die reichlich erhaltenen und sage Ihnen, wie in Bayern üblich, ein herzliches Vergelt’s Gott.

  • Geglückter Generationenwechsel

    Christof Müller hat die wissenschaftliche Leitung des Würzburger Zentrums für Augustinusforschung übernommen. Ein Bericht der überregionalen katholischen Zeitung „Die Tagespost“. Von Regina Einig

    Würzburg (DT) „Endlich Pensionär“. Mit 85 Jahren schaut der Würzburger Augustiner Cornelius Petrus Mayer auf ein reiches Lebenswerk zurück, dessen Stichwort „Zentrum für Augustinusforschung“ lautet. Dort wird bis 2020 unter der wissenschaftlichen Leitung von Mayers langjährigem Mitarbeiter Christof Müller das international hoch angesehene Augustinus-Lexikon vollendet. Der gebürtige Westerwälder Müller ist Fundamentaltheologe und Herausgeber des Lexikons. Gelassen und ohne jedes Aufheben um seine Person hat der jugendlich wirkende Hochschullehrer an Mayers Seite jahrelang einen Großteil der Arbeit an dem Langzeitprojekt geschultert.

    Auch wenn Geisteswissenschaftler heute nur noch selten in ungetrübten Forscherfreuden schwelgen, weil zeitraubende Verpflichtungen von der Autorensuche bis zu Sponsorenterminen quasi nebenbei zu stemmen sind, ist die in den vergangenen fünf Jahren schrittweise vollzogene Stabübergabe im Zentrum für Augustinusforschung ein seltener Glücksfall. Christof Müller kennt die Arbeit im ZAF wie kein Zweiter. Dass dort seit Jahren auf höchstem Niveau wissenschaftlich gearbeitet wird, hat sich in der Fachwelt längst herumgesprochen. Der prominenteste Nutzer des Lexikons lebt in Rom: Benedikt XVI. nimmt die Bände nach eigenem Bekunden immer wieder zur Hand und lernt daraus. Sowohl das Lexikon als auch die CD-Rom „Corpus Augustinianum Gissense“ sowie die EDV-Dokumentation der Sekundärliteratur über Augustins Person und Werk haben das Renommee des Zentrums als eine der weltweit ersten Adressen für Augustinusforschung begründet. Internationale Symposien – zuletzt über Augustins Werk „De civitate Dei“ im Herbst 2012 in Rom – und Studientage haben den Kreis der Interessenten stetig erweitert.

    Jedenfalls werden Müller und seine Mitarbeiter in Würzburg auch nach der Drucklegung des Lexikonbandes Z nicht in ein Loch fallen. Seit 2006 ist das ZAF der Würzburger Universität als An-Institut angegliedert. Ein Anschlussprojekt wurde den Mitgliedern der Gesellschaft zur Förderung der Augustinusforschung am Samstag während der Jahresvollversammlung vorgestellt: eine kommentierte Ausgabe der etwa dreihundert Briefe des Kirchenvaters. Wie vielversprechend die Beschäftigung mit den augustinischen Epistolae ist, zeigte kürzlich ein hochkarätig besetzter Studientag über Form und Funktion des Briefs in der Antike.

    Bis dahin ist der editorische Endspurt für das Lexikon angesagt. Ohne Mayers Mut zum Risiko und das Standvermögen seiner Mitarbeiter wäre wohl keiner der leuchtend rot gebundenen Bände des Lexikons jemals im Schwabe-Verlag in Druck gegangen. Finanziell und personell schmal ausgestattet begann man 1979 mit der Edition des Lexikons. Unterstützer fand der Augustiner zunächst unter seinem ehemaligen Mitschülern. Aus den Treffen der Abituria Münnerstadt 1949 entstand ein Förderverein, der später in der Gesellschaft zur Förderung der Augustinusforschung aufging und neben der Deutschen Forschungsgemeinschaft half, finanzielle Engpässe zu überbrücken.

    Der Erlös aus weiteren Publikationen, etwa des überarbeiteten CAG, fließt ebenfalls ins Budget. Dass man es im ZAF auch versteht, Texte für die Generation der „digital natives“ aufzubereiten, zeigt die neueste Version des vom Zentrum herausgegebenen Zitatenschatzes Augustins. Sie ist als E-Book erhältlich und smartphone-kompatibel. Ein Klick genügt für den Blick in die Geisteswelt der Antike.

    © ‹Die Tagespost - Katholische Zeitung für Politik, Gesellschaft und Kultur› vom 03.07.2014, Seite 7

    Wir danken dem Verlag J.W. Naumann für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung in unserem Webportal