ZENTRUM FÜR AUGUSTINUS-FORSCHUNG

AN DER JULIUS-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT WÜRZBURG

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Fecisti nos ad te, domine, et inquietum est cor nostrum donec requiescat in te.

Confessiones 1,1

Geschaffen hast du uns auf dich hin, o Herr, und unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir.

Bekenntnisse 1,1

Von Cornelius Petrus Mayer OSA.

 

Interior intimo meo

Dieser Artikel wurde dem beim Schwabe-Verlag in Basel erscheinenden Augustinus-Lexikon 3 (2004-2010) 666 entnommen. Dieses weltweit renommierte und auf rund 1.200 Stichwörter geplante Lexikon bietet umfassende Informationen zu Augustins Leben, Lehre und Werk.

Diese A.s Anthropologie wie Theologie kennzeichnende, aus dem Komparativ und Superlativ bestehende Wendung ist ohne das Adverb ‹intus› und dessen Gegenbegriff ‹foris›, mit dem es zu einem ontologisch-gnoseologischen Schema (neu-)platonischer Herkunft verbunden ist (↗Foris-intus) [1], nicht zu verstehen. Demzufolge ist korrektes Denken mit dem Erkennen der stets geltenden Wahrheit als Ziel Sache der Innerlichkeit [2]. In Anlehnung an Plotins Weisung (1,6 (1) 8sq.) formuliert A. in uera rel. 72: «noli foras ire, in te ipsum redi. in interiore homine habitat ueritas». Weil indes die ↗‹ueritas› nicht in der Innerlichkeit des Menschen verankert ist – dieser ist samt seiner Innerlichkeit wandelbar (↗Homo, 3,390sq., ↗Mutabile-inmutabile) –, wird der die Wahrheit Suchende aufgefordert: «transcende et te ipsum» (ib.). Alles Wahre hat in Gott seinen Grund.

Als A. in seinen protreptischen ↗Confessiones [3] daranging, den von der ‹uera religio› gewiesenen Weg zu beschreiben, tat er dies unter Hinzuziehung (neu-)platonischer Begriffe [4]. Ihr Kolorit erhalten diese jedoch aus der neutestamentlichen Lehre von der ↗‹peregrinatio› und der dieser zugrundeliegenden Gnadenlehre (↗Gratia), was der Kontext der Stelle ib. 3,11 verdeutlicht: «et longe peregrinabar abs te exclusus ... tu autem eras interior intimo meo et superior summo meo» [5].

Anmerkungen. – [1] Cf. AGAËSSE; FISCHER, Transzendieren. – [2] Cf. CARY. – [3] Cf. FELDMANN 1166-1180. – [4] Bündig und zugleich kritisch schildert A. diese erste Kontaktnahme zu den Neuplatonikern ib. 7,13-28 mit 7,16 als Kern: «et inde admonitus redire ad memet ipsum intraui in intima mea duce te (sc. deo) ... intraui et uidi ... supra mentem meam lucem incommutabilem ...»; cf. MADEC. – [5] Mustergültig zeigt A. den Weg von außen nach innen und von innen nach oben ib. 10,6-38.

Bibliographie. – P. AGAËSSE, Note sur les fondements metaphysiques de l’intériorité: Plotin et saint Augustin: Axes 5 (1973) 11-22. – P. CARY, Interiority: AthAg 454-456. – E. FELDMANN, Confessiones: AL 1 (1986-1994) 1134-1193. – N. FISCHER, Augustins Weg der Gottessuche («foris, intus, intimum»): TThZ 100 (1991) 91-113. – Id., Transzendieren und Transzendenz in Augustins ‹Confessiones› («tu autem eras interior intimo meo et superior summo meo»): Transzendenz. Zu einem Grundwort der klassischen Metaphysik, Paderborn 1992, 115-136. – Id., Foris-intus: AL 3 (2004sqq.) 37-45. – G. MADEC, «In te supra me». Le sujet dans les Confessions de saint Augustin: RICP 28 (1988) 45-63. – C.T. MATHEWES, Augustinian Anthropology: Interior intimo meo: JRE 27 (1999) 195-221. – J. RINGLEBEN, «Interior intimo meo». Die Nähe Gottes nach den Konfessionen Augustins, Zürich 1988.

CORNELIUS MAYER