Rezensionen
Theologie und Glaube 95 (2005) 397-399 (N. Fischer)
Wir danken der Schriftleitung für die Abdruckgenehmigung.

Mayer, Cornelio (Ed.): CAG 2. Corpus Augustinianum Gissense. Die elektronische Edition der Werke des Augustinus von Hippo. Basel: Schwabe, 2004. - l CD-ROM und l Handbuch (233 S., in dt., engl., franz., span.), l HASP-Key, ISBN 3-7965-2060-X, EUR 980,00 Einzelplatzlizenz; EUR 1500,00 Netzwerklizenz.

Die Neuausgabe des Corpus Augustinianum Gissense (CAG 2) ist gegenüber dem schon ausgezeichneten Vorgängerprodukt (CAG) deutlich verbessert und dazu einfacher in der Anwendung (zum CAG vgl. die ausführliche Besprechung in Theologie und Glaube 88 [1998] 387-394). Das CAG 2 tritt in noch schönerem Gewand auf und ist trotz zahlreicher Verbesserungen im Preis um die Hälfte günstiger als das CAG und damit auch für größere Personengruppen erschwinglich. Die Lieferung besteht aus einer CD-ROM, einem HASP-Key und einem gut ausgestatteten Handbuch (Text auf deutsch, englisch, französisch und spanisch), dessen Text auch als pdf-Datei in die CD integriert ist. Die CD enthält, wie im Titel des CAG 2 ausgewiesen, neben den lemmatisierten Schriften Augustins, auch die Kennzeichnung und den Nachweis der von Augustinus zitierten Texte und eine gegenüber dem CAG erweiterte und aktualisierte Literaturdatenbank. Zusätzlich werden registrierten Nutzern des CAG 2 einerseits technische Unterstützung per e-Mail oder über das Internet-Portal angeboten, andererseits kostenfreie Updates der Literaturdatenbank. Das ist ein nicht zu unterschätzender Service, der sonst kaum angeboten wird. Man erwirbt mit dem CAG 2 folglich ein reich gefülltes und solides Paket, das seinen Preis, der für Einzelnutzer zwar noch immer kein Schnäppchen ist, bei genauer Abwägung vollauf rechtfertigt. Das Produkt, das mit hohem Arbeitsaufwand erstellt worden ist, zeichnet sich durch intelligente Lösungen und hohen Nutzen aus.

Der HASP-Key schützt das CAG 2 vor unbefugter Nutzung, der das CAG noch ausgesetzt war. Dieser Schutzversuch ist angesichts des angebotenen Service sehr gut verständlich, zumal das erste Produkt (Installationsdiskette und CD) recht leicht kopiert werden konnte (beides illegal). Bei Verlust des Keys bestehen keine Ansprüche auf Ersatz, bei Beschädigung wird er gegen Erstattung der Selbstkosten ersetzt. Käufern ist also zu empfehlen, diesen Key sorgsam zu hüten. Er hat die Form eines USB-Sticks, ist stabiler als der sprichwörtliche Augapfel, aber leichter als dieser zu verlegen oder zu verlieren. Der Key, der in eine USB-Buchse gesteckt wird, funktioniert tadellos am stationären PC des Rezensenten, am Notebook gab es jedoch Probleme (das Zentrum für Augustinus-Forschung in Würzburg wird bei deren Behebung behilflich sein).

Das CAG 2 bietet die gereiften Früchte der fortdauernden Arbeit des Herausgebers und seines Teams an deren von Anfang an mit Recht allseits gerühmten Instrument der Augustinus-Forschung. Schon das CAG enthielt die seinerzeit besten zur Verfügung stehenden Druckversionen der Werke Augustins. Falls inzwischen verbesserte Versionen vorliegen, wurden die alten gegen die verbesserten Versionen ausgetauscht. Zusätzlich wurden die inzwischen gefundenen Briefe und Predigten in das CAG 2 aufgenommen. Besonders bequem für die sinnvolle, kombinierte Nutzung von Druckfassungen und dem CAG 2 ist dessen ,Vernetzung’ mit den zugrundeliegenden Druckversionen, die beim Textaufruf mit Sigle (z.B. CCL oder CSEL), Bandnummer, Zahl der Seite und der Zeile aufgeführt werden. Was der Herausgeber des CAG 2 als „Textstrukturierung und Textpflege“ bezeichnet, ist ausgezeichnet gelungen. Auch die Zitatauszeichnung ist wesentlich verbessert und kann jetzt zudem unter ‚Einstellungen’ den Wünschen des Nutzers individuell angepaßt werden.

Der Ausgangs-Bildschirm bietet eine übersichtliche Anzeige mit großen Symbolen für die im Gebrauch oft erforderlichen Funktionen („beenden“, „neues Textfenster“, „Textdatenbank“, „Literaturdatenbank“, „Drucken“ und „Hilfe“). Darüber sind weitere Optionen anzuklicken, die differenziertere Auswahlmöglichkeiten bieten. Beispielsweise kann man jetzt noch bequemer Texte in andere Formate exportieren (beim CAG war es ein wenig lästig, weil beim Kopieren stets die Quelle mit exportiert wurde, so daß diese Angabe beim Erstellen eigener Texte stets wieder gelöscht werden mußte). Diese Kopiermöglichkeit auch längerer Passagen ist in der Praxis sehr hilfreich, zumal man auf diesem Wege auch längere Passagen ohne Schreibfehler in eigene Texte integrieren kann. Im Unterschied zu anderen CD-ROMs renommierter Anbieter sind die importierten Texte des CAG 2 ohne lästige Steuerzeichen, was viel unnütze Arbeit spart, wenn man das Ziel hat, druckfertige Dateien zu erstellen.

Die Lemmatisierung (die Zuordnung von Wortformen zu ihrer jeweiligen Grundform), die im CAG nur als Roh-Lemmatisierung durchgeführt war, ist mit hohem Aufwand, bei dem nur 75% des Vokabulars automatisch mit EDV-Programmen verarbeitet werden konnten, weiterbetrieben worden. Das Handbuch verheißt (9): „Dank des zeit- und kostenintensiven Verfahrens der Lemmatisierung ist es nunmehr möglich, mit einem einzigen Zugriff sämtliche gewünschten - und nur die gewünschten - bei Augustin vorkommenden Wortformen dieses oder jenes Begriffes zu erfassen: ein kaum zu überschätzender Service für die Arbeit mit dem augustinischen Primärtext.“ Das Verfahren funktioniert über „trunkierte“ oder „lemmatisierte“ Suche ausgezeichnet und bequem. Die trunkierte Suche wird über Wortanfang und Sternchen erreicht (z.B. „Conf*“. Die lemmatisierte Suche über „l:“ Nominativ oder l. Person, Praesens Singular (z.B. „confessio“ oder „confiteor“).

Sucht man beispielsweise mit der trunkierten Methode und gibt in das Suchfeld „confess*“ ein (Suchfunktion in der Textdatenbank), erhält man zur Auswahl sämtliche Kasus zu „confessio“ und zum Partizip Perfekt von „confiteri“ (=„confessus“), zugleich wird man auf das Lemma „confiteri“ verwiesen. Sucht man mit der lemmatisierten Methode und gibt in das Suchfeld „l:confiteor“ ein, erhält man zur Auswahl sämtliche bei Augustinus vorkommenden Flexionsformen zu dem Verbum samt Partizipien und deren Kasus. Die lemmatisierte Suche kann zusätzlich anhand der Indizes betrieben werden. Integriert sind Hinweise auf Homographen. Bei der Eingabe von „legis" erhält man den Hinweis auf „Lemma lego/3“ mit 51 Stellen und „Lemma lex/legis“ mit 1255 Stellen. Diese zunächst unüberschaubar scheinende Fülle kann z.B. durch die Werkauswahl reduziert werden. Die Recherchemöglichkeiten bieten, wenn erforderlich, umfassende Resultate, wenn gewünscht, lassen sie sich gezielt einsetzen. Derart erweist sich das CAG 2 als flexibles, besonderen Bedürfnissen sich anpassendes Instrument. Weitere Feinheiten bei der Suche sind mit Jokern (z.B. „?“ in: „qu?dam“) und logischen Operatoren („UND“, „ODER“, „NICHT“) zu erreichen.

Die Literaturdatenbank ist vorzüglich, reichhaltig und leicht zu bedienen. Das Handbuch spricht von „der weltweit auf ca. 50 000 Titel geschätzten Forschungsliteratur“ zu Augustins Leben und Werk, „die jedes Jahr um Hunderte weiterer Veröffentlichungen“ anwachse (9). Diese Literatur elektronisch zu erfassen, ist also eine Sisyphus-Arbeit, für deren Übernahme Nutzer nur dankbar sein können. Gesucht werden kann nach „Autor“, „Titel“, „Bemerkungen“, „Bibliographie“ und „Referenzen“. Die Handhabung ist leicht und ergiebig. Titel von Sammelwerken scheinen jedoch grundsätzlich zu fehlen; ebenso sind Herausgeber von Sammelbänden zu Augustinus nicht zu eruieren. Zum Beispiel hat der Rezensent die beiden instruktiven Bände „Zum Augustin-Gespräch der Gegenwart“, die Carl Andresen herausgegeben hat, nicht finden können. Zwar sind die darin aufgenommenen Beiträge im CAG 2 dokumentiert. Wer aber die Autoren und Titel nicht kennt, kann sich keinen Überblick verschaffen. Eine Hilfe wäre die Implementierung der Herausgeber von Werken zu Augustinus mit der Auflistung der Namen sämtlicher Mitarbeiter. Die Titel der Beiträge kann der Nutzer dann selbst weiter suchen, wenn es seinen Zwecken dient. Noch lästiger ist das Fehlen von Sammelbänden zu bestimmten Themen, z.B. zu Kommentarbänden zu einzelnen Werken Augustins. So gibt es bekanntlich mehrere Kommentarwerke zu den „Confessiones“. Gewiß wäre es eine förderliche Sache, wenn man über Titel, Herausgeber oder Referenz an diese Werke herankäme. Selbst wenn man unter Referenzen „Confessiones“ eingibt, erhält man keine Treffer. Da die Datenbank über Updates erweitert werden kann, wäre die baldige Ergänzung ein Desiderat der Forschung (inzwischen ist die Behebung dieser Mängel durch Updates angekündigt). Da es sich nur um eine Sparte der Literatursuche handelt, mindert der Hinweis das Lob der Literaturdatenbank nicht.

Insgesamt ist das CAG 2 ein deutlich verbessertes, dabei auch preisgünstiger und erschwinglicher gewordenes Instrument der Augustinus-Forschung, das diese weiter beflügeln wird. Es ist ja heute schon zu bemerken, daß die großen wissenschaftsorganisatorischen Leistungen von Cornelius Mayer - sowohl im Blick auf das Augustinus-Lexikon als auch im Blick auf das CAG, das nun in zweiter Auflage erschienen ist - reiche Früchte zu tragen begonnen haben. Augustinus war zunächst durch große Denker wie Husserl und Heidegger wieder in der Gegenwart angekommen. Um die Forschung auf Grundlagen zu betreiben, die den Anforderungen unserer Zeit entsprechen, sind die nun zur Verfügung stehenden Hilfsmittel unentbehrlich. Das CAG 2 wird der Forschung gewiß weitere Impulse geben.