ZENTRUM FÜR AUGUSTINUS-FORSCHUNG

AN DER JULIUS-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT WÜRZBURG

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Fecisti nos ad te, domine, et inquietum est cor nostrum donec requiescat in te.

Confessiones 1,1

Geschaffen hast du uns auf dich hin, o Herr, und unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir.

Bekenntnisse 1,1

Von Cornelius Petrus Mayer OSA.

Intellectum ualde ama

Dieser Artikel wurde dem beim Schwabe-Verlag in Basel erscheinenden Augustinus-Lexikon 3 (2004-2010) 646-647 entnommen. Dieses weltweit renommierte und auf rund 1.200 Stichwörter geplante Lexikon bietet umfassende Informationen zu Augustins Leben, Lehre und Werk.

Jegliche Wissensvermittlung erfolgt nach A. entweder über ↗‹auctoritas› oder über ↗‹ratio›. Bezüglich ihrer Rangfolge gilt: «tempore auctoritas, re autem ratio prior est» (ord. 2,26). Der Laie ↗Consentius, der sich mit der kirchlichen Trinitätslehre (↗Trinitas) abmühte, vertrat in einem Brief an A. aus dem Jahr 415 (Consent. A. ep. 119; ↗Epistulae, 2,946-948) die Meinung, beim Verstehen von Wahrheiten, die Gott betreffen, müsse der Christ sich eher am Glauben (↗‹fides›) als an rationalen Einsichten (↗‹intellectus›) orientieren [1].

In seiner Antwort (ep. 120, ebenfalls von 415) hält A. es für ausgeschlossen, daß der offenbarte Glaube den Verzicht auf vernunftgemäße Erklärung fordere (ib. 120,3). Bei einigen Heilswahrheiten, die mit Hilfe der Vernunft nicht zu erfassen seien, gehe der Glaube der Vernunft voraus, weshalb es beim Propheten heiße: «nisi credideritis, non intellegetis» (Is 7,9 LXX). Da dieser Sachverhalt vernünftig (‹praeceptum rationabile›) sei, gehe die Vernunft in gewisser Hinsicht stets schon dem Glauben voraus (ep. 120,3). Allerdings solle die Vernunft dem Glauben auch folgen, mahne doch der Apostel (1 Pt 3,15), allzeit bereit zu sein, Rechenschaft über den Glauben zu geben (ep. 120,4). Im folgenden bemüht A. sich, Consentius die Liebe zum Verstehen offenbarter Wahrheiten einzuflößen (↗Veritas, uerum). Gläubige Frömmigkeit scheue die ‹uerissima ratio› nicht. Im Gegenteil, deren Aufgabe sei es, die ‹figmenta› der Häresien aufzudecken (ib. 120,7) und sich auf die ‹aeterna et inuisibilia› zu konzentrieren (ib. 120,8sq.). Zu den ‹incorporalia mente intellecta› gehörten auch Gott (ib. 120,11) und die Trinität, deren rein geistige Natur sich menschlichem Erkenntnisvermögen nicht völlig entziehe (ib. 120,12). Daher der begründete Rat an Consentius: «intellectum uero ualde ama, quia et ipsae scripturae sanctae, quae magnarum rerum ante intellegentiam suadent fidem, nisi eas recte intellegas, utiles tibi esse non possunt» (ib. 120,13).

Anmerkung. – [1] Ib. 119,1: «ex fide magis quam ex ratione pericpi oportere». Consentius berief sich u.a. auf Stellen wie 1 Cor 1,21.27; Mt 5,8.

Bibliographie. – M.-A. ARIS, Intellectus: AL 3 (2004sqq.) 647-659. – K.-H. LÜTCKE, Auctoritas: ib. 1 (1986-1994) 498-510. – G. MADEC, «Pour l’amour de l’intelligence» (Augustin, Lettre 120, à Consentius). Foi – Raison – Intelligence: AugAfer 237-241. – F. MORIONES, San Agustín y Consencio. Carta de san Agustín a consencio sobre la razón y la revelación: Augustinus 25 (1980) 29-50. – A. MUÑOZ ALONSO, Intellectum ualde ama: ib. 3 (1958) 171-176. – E. TESELLE, Fides: AL 2 (1996-2002) 1333-1340.

CORNELIUS MAYER